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Überblick
In der Zeit von der Unabhängigkeit im Jahre 1930 bis zum Ende des 2. Weltkriegs im Jahre 1945 erschienen insgesamt 96 Briefmarken. Es ist eine deutliche Zunahme von Motiven auch bei den Freimarkenausgaben feststellbar.
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Die Krisenjahre (1930-1939)
Der neue Regierungschef Bennett erhöhte als erstes den Zoll, der nun der höchste in der Geschichte Kanadas war. Damit gelang es ihm, erfolgreich das Außenhandelsdefizit, das 1930 125 Millionen Dollar betrug, bis 1935 in einen Überschuß von 187 Millionen Dollar zu wandeln. Da mit der Zollerhöhung sich die Importe reduzierten, ging die Wirtschaftsaktivität zurück. Dies hatte zur Folge, daß eine Reihe neuer Parteien gegründet wurden. In Alberta kamen 1935 die "Social Creditists" an die Regierung, deren Führer der Schullehrer und Sonntagsprediger William Aberhart war. Er forderte, daß die angehäuften Überschüsse als eine Art "Sozialdividende" an der Volk verteilt werden sollte. Als Ministerpräsident seiner Provinz hatte der bei der Umsetzung allerdings das Problem, daß die Finanzgesetzgebung in der Hoheit des Bundes und nicht der Provinzen lag.
Im Westen entstand als weitere Partei die "Cooperative Commonwealth Federation" (CCF), die sich für die Fabrikarbeiter einsetzte. Sie trat für eine Ausdehnung der Regierungsgewalt, Planwirtschaft und eine Nationalisierung der Schwerindustrie, des Bankensektors und der Versorgungsbetriebe ein. 1935 verabschiedete die Partei in Regina, der Hauptstadt der Provinz Saskatchewands, ihr "Regina-Manifest" mit der Ablösung des kapitalistischen Systems durch eine sozialistische Ordnung. Ihr Vorsitzender war James S. Woodsworth, der auch auf Bundesebene Anhänger fand. Letztendlich konnte sich die CCF aber nie mit den beiden etablierten Parteien messen.
Mitte der 30er Jahre wurde in Quebec die "Union Nationale" gegründet, der Führer Maurice Duplessis war und die die nationalen Kräfte um sich sammeln wollte. Zunächst vertrat die Partei auch sozialistische Thesen, aber nach dem Wahlsieg im Jahre 1936 einigte sie sich mit den Wirtschaftskräften in der Provinz. Die NU war in scharfem Gegensatz zur Zentralregierung in Ottawa und trat als Vorkämpfer frankokanadischer Interessen auf, wodurch sie sich in Quebec eine nachhaltige Anhängerschaft sicherte. In Ontario gab es seit 1934 ebenfalls eine eher radikale Kraft, die sich um den Populisten Liberale Mitchel F. Hepburn scharte. Auch Hepburn kämpfte gegen die Zentralregierung in Ottawa.
Die Bundesregierung begegnete diesen separatistischen und populistischen Bewegungen durch eine Straffung der Kräfte des Landes. 1934 gründete sie die Bank of Canada, die als Zentralbank das Finanz- und Kreditwesen ordnen sollte. Die Canadian Wheat Board wurde wieder aktiviert und die Kanadische Nationalbahn reorganisiert. An einzelne Provinzen wurden Anleihen und Zuschüsse vergeben und vor den Wahlen des Jahres 1935 legte die Regierung ein breit angelegtes Wirtschaftsreformprogramm vor, das an den amerikanischen New Deal erinnerte.
Unter den konservativen lehnten viele diese Maßnahmen allerdings ab, weil sie ihnen doch zu radikal erschienen, und unter den Liberalen zweifelte man an der Verfassungsmäßigkeit. Bei den Unterhauswahlen im Oktober 1935 wurde klar, daß das Programm Bennetts zu spät kam, denn die Liberalen bekamen 181 Sitze, was ihnen den größten Wahlsieg in der Geschichte sicherte, und auf die Konservativen entfielen nur 39 Sitze.
Mackenzie King wurde erneut Premierminister und ließ zur Klärung der verfassungsrechtlichen Rechtmäßigkeit der sozialstaatlichen Maßnahmen im Jahre 1937 eine Kommission einsetzen, die nach dem Vorsitzenden als Rowell-Sirois-Kommission in die Geschichte einging. 1940 legte diese Kommission einen umfassenden Bericht vor, dessen Umsetzung die Kompetenz der Bundesregierung stärken mußte. Allerdings war Mackenzie-King schlau genug, die Rechte der Provinzen nicht zu ignorieren. Zu einem Streit über den Bericht konnte es derzeit aber nicht kommen, weil inzwischen der 2. Weltkrieg ausgebrochen war und Kanada nun erst einmal mit anderen Problemen zu kämpfen hatte.
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Die Markenausgaben 1930-1945
Für das Jahr 1930 ist die Freimarkenausgabe "König Georg V. / Landschaftsbilder" (in neuer Zeichnung mit Ahornblättern in den oberen Ecken), für 1932 die Ausgabe "Wirtschaftskonferenz in Ottawa", für 1933 "Sitzung des Weltpostvereins", "Getreide-Weltausstellung in Saskatchewan" und "Dampfer Royal William", für 1934 "400 Jahre Landung Jacques Cartiers in Kanada", "150 Jahre Einwanderung der United Empire Loyalists" sowie "150 Jahre Provinz Neu-Braunschweig" und für 1935 "25. Regierungsjubiläum von König Georg V.", eine Freimarkenausgabe "König Georg V." und die Flugpostausgabe "Fliegender Dädalus" zu nennen.
Im Jahre 1937 erschienen die Freimarkenausgabe "König Georg VI." und "Krönung von George VI.", 1938 Ergänzungswerte und die Flugpostmarke "Wasserflugzeug Fairchild Sekani", 1939 "Besuch des Königspaares", 1942 die Freimarkenausgabe "Kriegsproduktion für den 2. Weltkrieg", die Flugpostmarken "Schulflugzeug North American Harvard II".
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Die Erringung der Unabhängigkeit und das Westminster-Statut von 1931
Die Jahre nach dem 1. Weltkrieg waren auch die Zeit, als sich Kanada vom Dominion zur Nation entwickelte. Das Land war auf dem Weg zur selbständigen Nation ein großes Stück vorangekommen. Nicht wenige Kanadier sahen in der völligen Unabhängigkeit von Großbritannien ein erstrebenswertes Ziel. Andere Einwohner erkannten aber, daß die Tradition und der wirtschaftliche Vorteil eher dafür standen, die Bindung an das britische Empire nicht aufzugeben. Alle Kanadier wünschten sich aber mehr Spielraum, Entscheidungen selber zu treffen. Bisher war das Land an die Entscheidungen in London gebunden und konnte jederzeit zu Verpflichtungen und Hilfeleistungen herangezogen werden.
Die Liberalen setzten den von den Konservativen beschrittenen Weg konsequent fort. Schon Borden hatte bei den Friedensverhandlungen in Versaillles erfolgreich die Interessen des Dominion vertreten. Sein Nachfolger Meighen hatte 1922 sich gegen eine Verlängerung des britisch-japanischen Bündnisses von 1902 ausgesprochen, wodurch es zu einem Gegensatz mit Großbritannien kam. Er entsprach damit aber den Erwartungen der Amerikaner, die in der Allianz nur ein Mittel zur Zurückdrängung ihres eigenen Einflusses im Pazifik sahen.
King ging bei den Auseinandersetzungen mit Großbritannien, das bei der Besetzung der Dardanellen bei Chanak mit der Türkei in Konflikt geraten war, noch einen Schritt weiter. Als die Briten das Dominion um Unterstützung baten, lehnte King dieses Begehren ab. Schon 1923 kam es zu einem weiteren Disput, als Kanada mit den Vereinigten Staaten den sog. "Heilbuttvertrag" (Halibut Treaty) abschloß, in dem die Fischereirechte vor der atlantischen Küste geregelt wurden. Zum ersten Mal in der Geschichte schloß das Dominion eigenmächtig und selbständig einen Vertrag mit einer fremden Macht und unterzeichnete ihn alleine.
Auf der Empirekonferenz im Jahre 1923 erhielten die Dominien dann offiziell von Großbritannien das Recht auf internationale Verhandlungen. Eine Konsequenz daraus waren die gegensätzlichen Positionen im Empire, als Großbritannien 1925 die Abmachungen, die in Locarno getroffen wurden, garantierte, die Dominien sich aber diesen Garantieverpflichtungen nicht anschlossen. Auf der nächsten Empirekonferenz 1926 wurden die neuen Beziehungen zwischen Großbritannien und seinen Dominien dann auch formell beschlossen und im sog. Balfour-Report festgeschrieben, der als Gründungsentwurf des modernen Commonwealth angesehen werden kann. Das Commonwealth wurde als ein Verband autonomer Gemeinwesen innerhalb des Empire beschrieben, die "im Status einander gleich, in keiner Weise einander untergeordnet, weder im innen- noch im außenpolitischen Bereich" und sich durch die gemeinsame Bindung an die britische Krone einander zuordneten. Nachdem noch einige Einzelheiten geklärt waren, beschloß das britische Parlament im Jahre 1931 das sog. "Westminster-Statut", das sozusagen als neue Verfassung des ehemaligen britischen Kolonialreiches angesehen werden kann. Es wurde ausdrücklich festgehalten, daß zukünftig kein britisches Gesetz ohne Zustimmung des betroffenen Dominions dort Gültigkeit erlangen sollte. Änderungen an der kanadischen Verfassung fielen zwar auch weiterhin noch in die Zuständigkeit des britischen Parlaments, aber insgesamt errangen die Dominien mit diesem Statut das Recht einer selbständigen Nation.
In der Zwischenkriegszeit hatte sich Kanada bei internationalen Auftritten bewußt zurückgehalten. Auch beim japanischen Angriff auf die Mandschurei im Jahre 1931 und beim italienischen Überfall auf Abessinien 1935 kam es seitens der kanadischen Regierung nur zu eher halbherzigen Protesten und zur Teilnahme an Maßnahmen des Völkerbundes. Auch gegenüber dem Deutschen Reich unter Hitler blieb man eher verhalten. In der kanadischen Öffentlichkeit entstand allerdings eine Debatte über die Richtigkeit der Appeasementpolitik der britischen Regierung. Als Konsequenz wurden aber nur die Militärausgaben moderat erhöht.
Als im September 1939 der 2. Weltkrieg ausbrach, war für Kanada die Situation anders als 1914, weil diesmal das Land die Teilnahme am Krieg selber treffen mußte. Am 9. September beschloß das Unterhaus einstimmig, sich auf die Seite Großbritanniens zustellen und erklärte am nächsten Tag dem Deutschen Reich den Krieg. Wie beim Ausbruch des 1. Weltkriegs stimmte die öffentliche Meinung in Kanada dem Entschluß der Regierung zu und war bereit, sich an internationalen Maßnahmen zu beteiligen.
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Kanada und der 2. Weltkrieg (1939-1945)
Über das Ausmaß des Engagements waren sich die Kanadier damals nicht bewußt, denn die meisten glaubten, daß sich Kanada auf die Lieferung von Kriegsmaterial, Rohstoffen, Industriegütern und Nahrungsmitteln beschränken könnte. Ende 1939 schickte man eher pro forma ein kleines Kontingent von eilig angeworbenen und schlecht ausgebildeten Truppen nach England. Erst 1940 kam es zu einem Umdenken, als Hitler nacheinander Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Belgien besetzen ließ. Es folgte die Kapitulation Frankreichs und der Kriegseintritt Italiens an der Seite des Deutschen Reiches. Großbritannien und die Commonwealthländer befanden sich somit alleine im Kampf gegen Deutschland und nun wurden größere Anstrengungen erforderlich, weshalb die Anwerbung neuer Wehrpflichtiger notwendig wurde und deshalb erneut die Frage einer allgemeinen Wehrpflicht diskutiert wurde.
Auch diesmal waren die Frankokanadier in ihrer Mehrheit gegen eine allgemeine Wehrpflicht. Deshalb vermied es Mackenzie King bei des Wahlen im Frühjahr 1940 ganz bewußt, dieses Problem zu thematisieren und seine Partei gewann erneut die Wahlen. Nach dem Fall Frankreichs aber wurde der Druck der englischstämmigen Bevölkerungsteile, die ein verstärktes Engagement im Krieg einforderten, auf die Regierung immer größer. Deshalb ließ King im Parlament ein Gesetz verabschieden, das die obligatorische Wehrpflicht einführte, wobei die Dienstpflicht aber auf das Heimatland beschränkt wurde.
Ende 1941 traten auch die Vereinigten Staaten mit ihrer vollen Wehrpflicht den kriegsführenden Nationen bei. In Kanada kam es auf Grund von Personalmangel immer mehr zu Engpässen, worauf sich King im April 1942 dazu durchrang, eine Volksabstimmung durchzuführen. Es ging um die Frage, ob die Regierung die Zwangsverpflichteten nach Übersee verschicken dürfe. Zwei Drittel der Wähler stimmten diesem Anliegen zu, aber in Quebec waren es weniger als 30 Prozent. Es zeigte sich, daß der schon 1917 aufgetretene Riß zwischen den englisch- und französischsprachigen Bevölkerungsteilen sich wieder auftrat.
Die Regierung machte von der Ermächtigung zunächst keinen Gebrauch, aber im Herbst 1944 änderte sich die Lage, als die alliierte Invasion in der Normandie und in Flandern zu großen Verlusten führte. Nun forderte der Verteidigungsminister James L. Ralston die Verlegung der Truppen nach Übersee. Als King zögerte, trat Ralston zurück. Als auch der neue Minister Andrew G. L. McNaughton die gleiche Forderung stellte, mußte King auf Basis der Vollmacht aus dem Jahre 1942 handeln. Es wurden 16.000 Mann der Heimattruppen nach Europa eingeschifft. Wider Erwarten hielt sich die Erregung bei den Frankokanadiern in Grenzen, da sich dort die Einsicht durchgesetzt hatte, daß ein anderer Premierminister noch härtere Maßnahmen getroffen hätte. Schon nach wenigen Monaten kapitulierten nacheinander Deutschland und Japan und das Problem erledigte sich von selber.
Wie schon im 1. Weltkrieg war auch im 2. Weltkrieg der Bedarf an Kriegsmaterial groß und Produktionsstätten, Bergbau und Metallindustrie, Schiffswerften und Energieerzeugung mußten expandiert werden. Es kam zu einem erneuten Wirtschaftsboom und zum ersten Mal in der kanadischen Geschichte war der Wert der Ausfuhr von Industriegütern höher als der der Agrarproduktion. Diesmal klappte es auch mit der Finanzierung besser, den das Dominion brachte zwölf Milliarden Dollar an Kriegssondersteuern und Kriegsanleihen auf. Großbritannien erhielt von Kanada, wenn man vom Prokopfaufkommen ausgeht, mehr Kapitalhilfe als von den Vereinigten Staaten. Mit einem eigenen Pacht- und Leihsystem wurde Kriegsmaterial im Wert von vier Milliarden Dollar an die Alliierten verteilt.
Am Ende des 2. Weltkriegs hatte Kanada eine Million Menschen unter Waffen, was bedeutete, daß jeder zwölfte Kanadier Wehrdienst leistete. In Hongkong kämpften noch 1941 Kanadier gegen die Japaner. In Europa fielen im August 1942 bei einem erfolglosen Landeunternehmen bei Dieppe auch Kanadier. 1943 wurden zwei kanadische Divisionen von England aus nach Sizilien und Süditalien verschifft, wo sie am alliierten Vormarsch teilnahmen. Im Juni 19444 erfolgte die Landung in Nordfrankreich, wobei kanadische Truppen die linke Flanke der alliierten Front abdeckten. Im Frühjahr erreichte man die deutsche Grenze bei Kleve und es war ein kanadisches Oberkommando, das in den Niederlanden die Kapitulation der deutschen Streitkräfte entgegennahm.
Die Marine leistete hauptsächlich Geleitschutz beim Transport von Truppen und Material über den Atlantik. Sie wuchs von einer Friedensstärke von knapp 5.000 Mann im Verlauf des Krieges auf 90.000 Mann. Noch mehr nahm die Luftwaffe zu, die von 4.000 Man binnen sechs Jahren auf über 200.000 Mitglieder anwuchs. Es gab insgesamt 45 kanadische Geschwader und das Dominion stellte noch etwas ein viertel der in britischen Bombern fliegenden Besatzungen. Der 2. Weltkrieg kostete das Land 42.000 tote und Vermißte.
King sah sich auch als Vermittler in den komplizierten Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Mit Präsident Franklin D. Roosevelt schloß er 1940 das Ogdenburg-Abkommen, das die Gründung eines gemeinsamen Verteidigungsrates vorsah. Ein weiteres Abkommen zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten, an dem Kanada beteiligt war, sah vor daß Großbritannien den Amerikanern eine Anzahl britischer Marinestützpunkte gegen Lieferung von 50 Zerstörern überließ. Ebenfalls im Jahre 1940 wurde der Bau des Alaska-Highway von Britisch-Kolumbien durch das Yukon-Territorium nach Alaska beschlossen, um die Verteidigungsbereitschaft Alaskas gegen eine mögliche japanische Invasion zu stärken.
Die enge Zusammenarbeit mit dem großen Nachbarn barg aber für Kanada die Gefahr einer Abhängigkeit. Nach dem Ende des Krieges war deshalb die zukünftige Rolle Kanadas in Nordamerika ein wichtiges Problem. Die Kanadier bemühten sich um eine aktivere Rolle in der Weltpolitik. Zunächst galt es aber, die Wirtschaft wieder vom Kriegszustand auf normale Produktion umzustellen.
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