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Einführung
Während der - für schwedische Verhältnisse - mit 43 Jahren recht langen Regierungszeit Gustavs V. erschienen insgesamt 300 Briefmarken. Die Anzahl der Emissionen nahm also in dieser Zeit enorm zu, wenn man bedenkt, daß ab 1855 in 52 Jahren nur 54 Briefmarken verausgabt wurden. Zu vermerken ist auch, daß es in Schweden schon seit 1935 es keine Bogen mehr gibt, sondern alle Marken in Rollen oder Heftchen erscheinen. Markenheftchen sind das vorwiegende Verkaufsvehikel der schwedischen Post.
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Schweden am Vorabend des 1. Weltkriegs
Der Teilerfolg der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften, der mit dem Rücktritt der Regierung 1902 endete, spaltete die Gewerkschaftsbewegung. Zwar hatten die Kompromißbereiten, die mit den traditionellen Kräften und den Arbeitsgebern zusammenarbeiten wollten, noch die Oberhand, aber das Jahr 1909 war wichtig für die weitere Entwicklung. Durch den Wirtschaftsboom um die Jahrhundertwende hatte sich auch in Schweden die Großindustrie stark entwickelt und die Arbeitgeber schlossen sich zu zentralen Verbänden zusammen. Viele Unternehmer sahen den Generalstreik von 1902 als Warnung für zukünftige erpresserische Aktionen der Gewerkschaften.
Fast alle Unternehmer hatten sich zu Strafzahlungen verpflichtet, falls er sich an Aktionen der Arbeitsgeberverbandes gegen die Gewerkschaften nicht beteiligen würde. Ziel der Unternehmer war der Abschluß von überregionaler Tarifverträgen. 1905 votierten noch auf dem 6. Kongreß der Sozialdemokraten die meisten für den Generalstreik als wirksames Mittel zur Durchsetzungen von Forderungen. Aber die Zahl der Gewerkschafter, die - wie Branting - dafür plädierten, mit den Unternehmern zu verhandeln, wuchs ständig an. In der Öffentlichkeit erklärten die Gewerkschaftsfunktionäre gerne, daß Streitigkeiten möglichst friedlich durch Verhandlungen oder Schiedssprüche gelöst werden sollten. Als die Unternehmer von einer Äußerung des Vorsitzenden der Landesorganisation der Gewerkschaften aus dem Jahre 1908 erfuhren, daß ein Generalstreik ein "Selbstmordversuch der Gewerkschaften" wäre, nutzten sie dieses Wissen, um ein Lohnsenkung durchzusetzen. Ansonsten würden ca. 200.000 Arbeiter entlassen. Daraufhin wurde für den 4. August 1909 der Generalstreik ausgerufen. Zum Erstaunen aller hielt die Streikfront. Die Arbeitgeber antworteten mit Repressalien gegen Streikleiter und es gab "schwarze Liste". Viele Arbeiter schieden dennoch nach dem Streik aus den Gewerkschaften aus und bis 1913 halbierte sich die Mitgliederzahl. Für die Unternehmer bedeutete der vier Wochen andauernde Streik ein herber Verlust und es gab letztendlich ein Einlenken und einen Kompromiß.
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Die Ausgaben bis 1919
In den Jahren 1910 erschienen mehrere Freimarken mit den Motiven "Wappen" und "König Gustav V.", bei denen der FACIT-Special mehrere Farbvarianten und Abarten kennt. Mit der Ausgabe "Für den Landsturm I" (auf Freimarken 1872/86 mit Wasserzeichen 2 und Michel-Nr. 54) und "Für den Landsturm II" (auf Portomarken; mit dunklem Aufdruck) begann eine Zeit der Aufdrucke auf älteren Markenausgaben. Auch 1918 gab es nochmals Aufdruckmarken auf dem Porträt des Königs (der Ausgabe 1910/11) und am 18. Dezember 1918 die Ausgabe "Für den Landsturm III".
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Schweden im 1. Weltkrieg
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten hat der 1. Weltkrieg für Schweden keine größere Bedeutung gehabt und wird deswegen auch nicht als Zäsur betrachtet. Obwohl sogar einige Sozialdemokraten für eine Zusammenarbeit mit Deutschland plädierten, entschied man sich in Schweden für ein strikte Neutralität. Die deutsche Unterstützung der finnischen Befreiungsbewegung wurde allerdings mit großer Sympathie verfolgt. Die Mehrheit der Linken stand aber in der Regel auf Seiten der Entente. In dieser Haltung fühlte sie sich durch die Verletzung der Neutralität Belgiens und den deutschen Seekrieg bestärkt.
Am 9. August 1914 schloß sich auch Norwegen der schwedischen Haltung an und auch Dänemark folgte. Dennoch leitete der russische Oberbefehlshaber der Ostseeflotte einen Angriff auf Gotland ein, der aber auf Befehl aus St. Petersburg gestoppt wurde. Da Deutschland den Besitz der Aland-Inseln und die Unabhängigkeit Finnlands in Aussicht stellte, bahnte sich 1915 eine Kooperation gegen Rußland an. Aber die schwedische Regierung lehnte ab. Heimlich bekundete man aber Sympathien, zumal Großbritannien schwedische Schiffe kontrollierte. Die Handelsbeziehungen waren bestens, da Deutschland aus Schweden Steinkohle und ab 1917 auch Fleisch importierte. Auch am schwedischen Eisenerz hatte das Deutsche Reich großes Interesse. Die Regierung führte eine "Kriegswirtschaft" ein, kontrollierte den Warenverkehr und legte Maximalpreise für Lebensmittel fest.
Ab 1916 knüpfte Schweden auch wieder Beziehungen zu Großbritannien und durch den Kriegseintritt sah man sich zu weiterem Wohlverhalten veranlaßt. Die Regierung sprach sich gegen den uneingeschränkten U-Boot-Krieg des deutschen Reiches aus. Im September 1917 veröffentliche die amerikanische Regierung Material des Geheimdienstes. Deutsche Diplomaten in Buenos Aires nutzten die schwedische Botschaft, um Erkenntnisse über den alliierten Schiffsverkehr zu vermitteln, was viele Menschen in Schweden befremdete. Im Oktober 1917 gab es eine erste "Linksregierung", an der auch die Sozialdemokraten beteiligt waren. Diese Regierung schloß im März 1918 ein Abkommen mit den Alliierten über Lebensmittellieferungen nach Schweden und überließ im Gegenzug schwedische Schiffe. Auch die Erzexporte nach Deutschland wurden eingeschränkt.
Als es im November 1918 in Deutschland zu revolutionären Umtrieben kam, gab es auch in Schweden Stimmen, die nach einer Revolution riefen. Es gab Forderungen nach einem Achtstundentag und besseren Lebensbedingungen, worauf Konservative, Liberale und gemäßigte Sozialdemokraten nach Lösungen suchten.
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Die Ausgaben der 20er Jahre
Soziale Konflikte nach dem 1. Weltkrieg
Schon im Juni 1917 hatte es Zwischenfälle gegeben, weil viele Arbeiter hungern mußten. Als im November 1918 es zu revolutionären Umtrieben in Deutschland kam, hatte dies auch Auswirkungen auf die Arbeiterbewegung in Schweden, die sich nun wieder radikalisierte. Anders als im Deutschen Reich gab es in Schweden aber eine geschlossene Front aus Gewerkschaften, Sozialdemokraten und Konsumgenossenschaften, die sich zu einem "Arbeiterkomitee" zusammenschlossen.
Einige Sozialdemokraten hatten auch noch während des 1. Weltkriegs auf einen Konsens zwischen Besitzenden und Besitzlosen gesetzt und auf einen sozialen Ausgleich gehofft. Bei den Gewerkschaften gewannen Radikale in Stockholm, Göteborg und besonders in den Eisenerzrevieren Norrlands an Einfluß. Bereits 1917 hatten sich einige Unzufriedene von der Sozialdemokratie abgespalten und eine linkssozialistische Partei gegründet und 1921 formierte sich auch in Schweden eine Kommunistische Partei. Branting und die Mehrheit der Sozialdemokraten und Gewerkschaftsführer waren aber weiterhin gegen revolutionäre Vorgehensweisen. Die blutigen Ereignisse in Deutschland veranlaßten die reformwilligen Kräfte in Schweden 1918/19, einen Acht-Stunden-Tag und das Allgemeine Gleiche Wahlrecht einzuführen. Die Front der Reformer in der Sozialdemokratischen und der Liberalen Partei zerbrach allerdings kurz darauf, als angesichts von Hungersdemonstrationen auch immer mehr Sozialdemokraten von einer Sozialisierung der Großindustrie sprachen.
Es zeigte sich schon bald, daß keine Partei für sich alleine in der Bevölkerung eine Mehrheit hatte. Mehrere sozialdemokratische Regierungen in den 20er Jahren scheiterten. Die Polarisierung der Arbeiter zu Beginn der zwanziger Jahre verhinderte zunächst einen Erfolg der sozialdemokratischen Reformpolitik. 1923 wurde anläßlich eines Metallarbeiterkonflikts noch einmal ein Generalstreik in den Gewerkschaften erörtert. Zu dieser Zeit besserte sich gerade aber die Konjunktur und die Metallarbeiter erhielten eine Lohnerhöhung. Hierbei wurde die Position der reformwilligen Gewerkschaftsfunktionäre auf Kosten der Kommunisten gestärkt.
Die Weltwirtschaftkrise war auch in Schweden zu spüren und verschärfte auch hier die Gegensätze zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Zwischen 1929 und 1932 gewannen diejenigen an Einfluß, die für eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft plädierten. Es gab sogar einzelne lokale Gewerkschaftsorganisationen, die sich der Kommunistischen Partei anschlossen und die "Diktatur des Proletariats" forderten. Allerdings konnten sich diese radikalen Kräfte nicht durchsetzen, da die Mehrheit der Schweden der Meinung war, daß gesellschaftsumstürzende Veränderungen nicht die Lösung wären.
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Die Ausgaben der 30er Jahre
Die Klassenzusammenarbeit in den 30er Jahren
In den 30er Jahren ergab sich in Schweden ein Phänomen, das als Modell der "Klassenzusammenarbeit" (Saltsjöbaden) bezeichnet wird. Interessanterweise begannen diese gesellschaftlichen Veränderungen, nachdem es 1931 in Adalen (Mittelschweden) zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitern und Militär gekommen war. Dort wurde vom Militär auf Arbeiter geschossen, die Streikbrecher bedroht hatten. Es gab fünf Tode unter den Arbeitern und eine unbeteiligte Frau wurde ebenfalls erschossen. Dies löste auch in der schwedischen Mittelschicht Proteste aus und sogar Funktionäre aus den Unternehmerverbänden verurteilten das Vorgehen, worauf die konservative Regierung gestürzt wurde. Danach wurde 1932 wieder eine Sozialdemokratische Regierung gebildet, die Reformen in Angriff nehmen konnte. Das Jahr 1932 kann zu Recht als Zäsur und wichtiger Meilenstein in der schwedischen Geschichte gesehen werden, weil es nun bis 1976 ununterbrochen sozialdemokratische Regierungen gab!
Schon seit den 20er Jahren hatte sich - auch wegen der von den Sozialdemokraten um Branting angekündigten Sozialmaßnahmen - in weiten Teilen der Gewerkschaften die Überzeigung durchgesetzt, daß Produktionssteigerungen nicht nur höhere Unternehmergewinne, sondern auch Lohnsteigerungen zur Folge haben könnten. Auch sozialdemokratische Wirtschaftsexperten hegten die Hoffnung, daß Rationalisierungen und Modernisierungen der Produktionsanlagen ein Mittel sein könnten, weitere Arbeitszeitverkürzungen und höhere Löhne zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterschaft realisieren zu können. Auch die Arbeitgeber glaubten an dieses Konzept. da sie schon im November 1928 auf einer Konferenz der Unternehmer- und Gewerkschaftsvereinigungen festgestellt hatten, daß es kaum noch marxistische Parolen von der Ausbeutung des Proletariats in der schwedischen Arbeiterpresse geben würde. Dies sei für sie eine wichtige Voraussetzung, um ein "Zusammengehörigkeitsgefühl" zwischen Unternehmern und Arbeitern zu schaffen. Wenig später wurde aber auch Schweden von der Weltwirtschaftskrise erfaßt und die Arbeitslosigkeit stieg in den Jahren 1931 bis 1933 von 10,9 Prozent auf 20,8 Prozent. Die Annäherung zwischen beiden Seiten kam dadurch zunächst ins Stocken und 1931 hieß es in einem Gutachten der Unternehmerverbände, daß die Lohnpolitik der Gewerkschaftsorganisationen in dieser Zeit erst Rationalisierungsmaßnahmen erzwungen hätte, die dann zur Massenarbeitslosigkeit geführt hätten. Die Gewerkschaften konterten, daß besonders das Mißmanagement in den Unternehmungen für die Misere verantwortlich wären, und forderten staatliche Eingriffe.
Bis 1934 wurde Schweden von Streiks erschüttert, die an die Arbeitskämpfe zum Beginn des 20. Jahrhunderts erinnerten, die ihren Höhepunkt in den schon genannten Vorgängen in Adalen fanden. Als 1932 nun die Sozialdemokraten wieder die Regierungsverantwortung übernahmen, wirkten sie massiv auf Arbeiternehmer und Arbeitnehmer ein, indem die Regierung freiwillige Übereinkommen forderte und ansonsten staatliche Maßnahmen androhte. Im März 1936 entschieden sich der Schwedische Arbeitgeberverband und die Gewerkschaften, wieder aufeinander zuzugehen. Die Regierung flankierte die Kompromißfindung, indem sie schon 1933 10 Mill. Kronen als Soforthilfe für staatliche Bauprojekte bereitgestellt hatte und auch Subventionen an die Bauern zahlte, um die Lebensmittelpreise niedrig halten zu können. 1934 wurde außerdem die Arbeitslosenversicherung mit staatlichen Zuschüssen in Schweden eingeführt. Außerdem griffen die Sozialdemokraten die "Volksheimtheorie" von Per-Albin Hansson aus dem Jahre 1928 wieder auf, die eine Umverteilung der Produktionsgewinne anstelle von Sozialisierungen vorsah. 1936 stellte der Premier Hansson die Prämisse auf, daß es neben dem Recht auf Arbeit auch ein Recht des Kapitals auf Gewinne gäbe. 1936 forderte der Metallarbeiterverband auf einem Gewerkschaftskongreß, daß die Gewerkschaften sich "gesellschaftsaufbauend" betätigen sollten. Auch die Gewerkschaften müßten das Wohl des gesamten schwedischen Volkes im Auge haben, wie es "in einer guten Familie in dessen Heim geschehe". Dazu müßte der gewerkschaftliche Dachverband stärker zentralisiert werden und mehr Macht gegenüber den Landesverbänden erhalten.
Ein bedeutendes Jahr für den schwedischen Weg zum Wohlfahrtsstaat war das Jahr 1938, als die Gewerkschaften und der Schwedische Arbeitgeberverband das sog. Saltsjöbaden-Abkommen schlossen. Die Bedeutung dieses Abkommens lag weniger in der Regelung von Lohnfragen, sondern war ein Grundsatzdokument über die Verpflichtung zur Zusammenarbeitung der beiden Seiten. Alle Streitfragen sollten auf friedlichem Wege gelöst werden. Man trennte bewußt zwischen Verhandlungs- und Konfliktsituationen: eine "Verhandlungssituation" war z. B. die Frage, wie der Überschuß in der schwedischen Gesellschaft zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen verteilt werden könne. Ein "Konflikt" hingegen war eine "Fortsetzung der Verhandlungen" mit anderen Mitteln und dies sollte möglichst vermieden werden.
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Die Ausgaben der 40er Jahre
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Schweden im 2. Weltkrieg
Durch den Beginn des 2. Weltkriegs wurde die weitere Entwicklung in Schweden hin zum Wohlfahrtsstaat verzögert. Um das bisher Erreichte zu sichern, bildete Per-Albin Hansson am 13. Oktober 1939 eine Gemeinschaftsregierung unter Beteiligung aller politischen Parteien. Schweden war zwar nicht unmittelbar bedroht, da es über eine gute Rüstung der Armee verfügte, aber dennoch traf man Verteidigungsmaßnahmen, um die Öffentlichkeit zu beruhigen.
Schon im September, als der deutsche Überfall auf Polen begann, hatte die schwedische Regierung ein Exportverbot für alle versorgungswichtigen Güter verfügt. Mit Deutschland und Großbritannien wurden Verhandlungen über einen ungestörten Handelsverkehr geführt und es wurde mit beiden Ländern ein Festschreiben der schwedischen Exporte und Importe auf dem Niveau von 1938 vereinbart. Im Gegenzug sagten diese Schweden zu, dessen Handel mit anderen Mächten nicht zu stören. Durch die Maßnahmen der Regierung konnte ein Mangel an Lebensmitteln und sonstigen Versorgungsgütern, wie er während des 1. Weltkriegs auftrat, verhindert werden. Nach Deutschland wurde Eisenerz ex- und aus Deutschland Kohle importiert.
Die Stimmen, die einen Kriegseintritt an der Seite Deutschlands befürworteten, waren im Vergleich zum Beginn des 1. Weltkriegs diesmal äußerst gering, da auch nationalkonservative Kreise eine starke Abneigung gegen die deutschen Nationalsozialisten hegten. Schon im Oktober 1939 hatte Schweden versucht, mit Dänemark, Norwegen und Finnland eine gemeinsame Haltung gegenüber den kriegsführenden Mächten in Europa zu finden. Dänemark und Norwegen wollten eine eigene Neutralitätspolitik pflegen und Schweden wollte dem finnischen Wunsch nach militärischem Schutz vor einer möglichen sowjetischen Aggression nicht entsprechen.
Als sowjetische Truppen am 30. November 1939 Finnland angriffen, verhielt Schweden sich noch vorsichtiger: die Mehrheit der Reichstagsabgeordneten und fast alle Regierungsmitglieder lehnten eine Parteinahme ab und finnische Bitten um Militärhilfe wurden zurückgewiesen. König Gustav V. sprach aber öffentlich aus, was viele Schweden dachten, solidarisierte sich mit Finnland und stellte humanitäre Hilfe in Aussicht. Die Regierung lehnte auch die Bitte Englands und Frankreichs ab, ihren Truppen ein Durchmarschrecht durch das Eisenerzrevier Norrbotten nach Finnland und Stützpunkte in Schweden zu gestatten. Dies hätte nämlich Forderungen Deutschlands nach sich gezogen und somit wäre die schwedische Neutralität nicht mehr gewahrt worden. Aus diesem Grunde lehnte auch Norwegen alliierte Forderungen am 7. März 1940 ab. Insgeheim unterstützte Schweden die Finnen mit Waffen und Munition und betreute Kriegsverletzte. Am Ende des Winterkrieges kämpften sogar 8.000 finnische Freiwillige mit. Am 12. März 1940 konnte Schweden einen Waffenstillstand vermitteln, als ca. 100.000 schwedische Soldaten an der finnischen Grenze standen. Der zweite Weltkrieg ab 1940 wird in Schweden seither allgemein als "Bereitschaftszeit" bezeichnet, weil die allermeisten schwedischen Männer einberufen waren und - nach dem deutschen Einmarsch - die Grenze nach Norwegen (aus Furcht vor einer deutschen Invasion) bewachten.
Als am 9. April 1940 Norwegen besetzt wurde, tat Schweden wenig, da die norwegische Bitte um Truppenhilfe und Kriegsmaterialien abgelehnt wurde. In Schweden wußte man, daß Deutschland gegebenenfalls auch Schweden besetzen würde und die Verteidigungsstärke nicht ausreichen würde, eine deutsche Aggression abzuwehren. Zwar lehnte man deutsche Durchmarschgesuche vom April und Mai Richtung Nordnorwegen ab, aber nach der Besetzung Norwegens erlaubte man den Transport von Material und deutschen Truppenformationen über schwedisches Gebiet, wobei sie von schwedischen Armeeverbänden begleitet wurden. Im Juni 1941 wurde sogar ein Durchmarsch deutscher Truppen nach Finnland erlaubt. Gegenüber den Alliierten erkaufte man sich Wohlwollen, indem ein Teil der Handelsflotte Großbritannien und den USA zur Verfügung gestellt wurde.
Bei den Wahlen zur Zweiten Kammer im Jahre 1940 unterstützten die meisten Schweden mit 54 Prozent der Stimmen die Neutralitätspolitik der Sozialdemokraten. Die Bevölkerung hieß auch die versteckte Aufrüstung gut, denn bis zum Oktober 1940 wuchs die schwedische Armee auf ca. 400.000 Wehrpflichtige an und es wurde auch eine "Heimwehr" gegründet. Im Jahre 1941 erhöhte Schweden die militärische Ausbildung von Wehrpflichtigen von 365 auf 450 Tage und es wurde eine Kriegssteuer eingeführt. Im Herbst 1942 wurde ein allgemeiner Preis- und Lohnstopp verfügt und Grundnahrungsmittel wurden rationalisiert.
Als im Frühjahr 1943 die deutsche Niederlage sich abzuzeichnen begann, untersagte Schweden im August 1943 deutsche Transitbewegungen. Auf amerikanischen Druck wurden auch die Eisenerzlieferungen an Deutschland von 10 auf ca. 7,5 Millionen Tonnen reduziert und Kredite für das Deutsche Reich gestoppt. Im September 1944 konnte Schweden erneut einen Waffenstillstand zwischen Schweden und der Sowjetunion vermitteln und konzentrierte die meisten der Streitkräfte an der finnischen Grenze. Die Hilfe für die Widerstandsbewegungen in Dänemark und Norwegen wurde verstärkt und Flüchtlingen aus Finnland, dem Baltikum und anderen skandinavischen Ländern die Einreise erlaubt. Auf Grund der großen Erfolge der sowjetischen Truppen erzielten bei den Wahlen zur Zweiten Kammer im Jahre 1944 die Kommunisten 15 Mandate, was eine Verdreifachung der Abgeordnetenzahl bedeutete. Im Jahre 1945 beschloß der Reichstag eine weitere Demokratisierung, indem das Wahlalter von 23 auf 21 Jahre gesenkt wurde. Mit Hilfe des deutsch-baltischen Masseurs Felix Kersten nahm man Anfang 1945 auch Kontakte zu Heinrich Himmler auf und im Februar konnte Graf Folke Bernadotte den Heimtransport vieler Nordeuropäer vereinbaren, wobei auch Franzosen und Juden gerettet werden konnten. Etwas 19.000 Menschen wurden mit Himmlers Zustimmung von Deutschland nach Schweden verfrachtet. Am 24. April 1945 trat Graf Bernadotte als Bote Himmlers an die Westmächte heran, um für ihn über die Kapitulation der deutschen Truppen an der Westfront zu verhandeln. Schweden bereitete auch einen Einmarsch nach Norwegen und Dänemark vor, aber der Zusammenbruch Deutschlands verhinderte daß Schweden am Ende des Krieges doch noch zum Kriegsteilnehmer wurde.
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Die Nachkriegszeit
Im Juli 1945 wurde die Gemeinschaftsregierung aller Parteien durch eine rein sozialdemokratische Regierung ersetzt. Ministerpräsident Per-Albin Hansson wollte nach dem Ende des 2. Weltkriegs weitere Reformen im sog. "Volksheim Schweden" durchsetzen, womit die Konservativen und Liberalen nicht einverstanden waren. Es gab ein sog. "27-Punkte-Programm", in dem der Reformsozialist Ernst Wigforss 1944 schon Grundsätze zur "industriellen Demokratie" definiert hatte, die eine aktive Beschäftigungspolitik und mehr staatlichen Einfluß auf das Wirtschaftsleben vorsahen. Die Sozialdemokraten in Schweden sprachen 1945 von einer "Erntezeit" für die Arbeiterbewegung und erwarteten eine Umgestaltung der schwedischen Gesellschaft. Bei der Kommunalwahl 1946 vertraten sie die Losung "Das Wohl des Volkes geht vor das der Großfinanz". Auch wurden nach Kriegsende Überlegungen in Gang gebracht, wie man das Versicherungswesen und den Ölhandel sozialisieren könnte. die Unternehmer und Arbeiterverbände vereinbarten die Bildung von "Unternehmensausschüssen für Information und Beratung" und der Staat unterstützte die Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten. Maßnahmen aus der Kriegszeit wie z. B. allgemeiner Preisstopp und festgeschriebene Wohnungsmieten bleiben weiterhin in Kraft. Es sollte auch breiten Bevölkerungsschichten die Möglichkeit gegeben werden, ein eigenes Heim zu erwerben. Hierfür gewährte der Staat Beihilfen.
Die in den Kriegsjahren eingeführte steuerliche Besteuerung wurde beibehalten und durch die Erhöhung der Löhne erhöhte sich auch das staatliche Steueraufkommen. Wegen der hohen Löhne kam es auch zu Preissteigerungen, weshalb die Regierung 1949 wegen der hohen Inflation die schwedische Krone gegenüber dem Dollar um 30 Prozent abwerten mußte. Dadurch konnten die Exporte gesteigert und die Binnenwirtschaft gefördert werden. Auch die Renten wurden ab 1946 stark erhöht und erstmals in der schwedischen Geschichte konnten die Alten von der Rente leben. Im gleichen Jahr wurde eine kostenlose Schulspeisung für die Kinder beschlossen. Ab 1947 wurde ein allgemein gleiches Kindergeld eingeführt, um dem drastischen Geburtenrückgang der 30er Jahre zu begegnen.
Da man nach dem Krieg ähnliche Probleme wie nach dem 1. Weltkrieg befürchtete, hatten die Sozialdemokraten 1945 die privat Nachfrage nach Gütern staatlich gefördert, indem z. B. im Herbst 1946 mit der Sowjetunion ein Handelsabkommen geschlossen wurde, das der schwedischen Industrie Zugang zu den Märkten sicherte. Die Sowjetunion erhielt im Gegenzug einen großzügigen Kredit, um in Schweden Waren einkaufen zu können, was so ausfiel, daß die schwedische Industrie diese Nachfrage nicht decken konnte und Importe aus Westeuropa und Amerika notwendig wurden. Dadurch wurden die schwedischen Währungsreserven stark reduziert. Als 1947 neue Steuergesetze zu Lasten der Reichen beschlossen wurden, rief dies die Opposition auf den Plan. Bei den Wahlen 1948 büßte die Linke zehn Mandate ein und die Liberalen konnten ihre Sitze im Reichstag verdoppeln. Da diese Gewinne zu Lasten der Konservativen und der Bauernpartei gingen, blieben die Sozialdemokraten dennoch knappe Sieger. Neuer Sozialminister wurde Per Edwin Sköld, der seinen in konservativen Kreisen gehaßten Vorgänger Ernst Wigforss ablöste und für mehr Kompromißbereitschaft in der Wohlfahrtspolitik und im Bezug auf den sozialen Frieden in Schweden eintrat.
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