Im Jahre 1848 wurden die Niederlande eine parlamentarische Monarchie: Johan Rudolf Thorbeckes (1798-1872) erarbeitete ein Verfassung mit einem Zwei-Kammern-System, dem Gesetzgebungs- und Haushaltsbewilligungsrecht des Parlaments und der Verantwortlichkeit der Minister. Die Grundrechte wurden um das Recht auf Versammlungs- und Unterrichtsfreiheit sowie das Briefgeheimnis ergänzt. Die Mitglieder der Ersten Kammer bestanden aus gewählten Vertretern der Provinzialstände, die Zweite Kammer wurde vom Volk gewählt. Bei den ersten Wahlen siegten die Liberalen und Thorbecke wurde Ministerpräsident.
In den folgenden drei Jahrzehnten wurde der liberale Nationalstaat weiter ausgebaut: 1850 wurde ein neues Wahlgesetz verabschiedet, das im Rahmen eines Zensuswahlrechts 11-12 % der männlichen Bevölkerung (die aber insgesamt nur 2,6% der Gesamtbevölkerung darstellten) als Wahlberechtigte vorsah. Wichtig war auch die gesetzlich festgeschriebene Autonomie der Provinzen und Kommunen (Kommunalgesetz von 1851), wodurch die Niederlande sich - anders als das Königreich Belgien - vom Zentralismus verabschiedete.
Bei den Finanzen der Kommunen wurden nach und nach anstelle der uralten Tradition lokaler Verbrauchssteuern (sog. Akzisen) direkte Steuern eingeführt; die Akzisen wurden 1865 endgültig abgeschafft.
Auch im Bildungsbereich wurden Reformen versucht, wobei sich allerdings konfessionelle Gegensätze als Hemmschuh erwiesen. Der Schulstreit von 1854, der eine staatliche überkonfessionelle Grundschule vor sah und zusätzlich öffentliche konfessionsgebundene Schulen erlaubte, stieß besonders bei den orthodoxen Calvinisten unter Führung des Historikers und Publizisten Guillaume Groen van Prinsterer (1801-76) auf Widerstand. Auch König Wilhelm III. unterstützte ein konfessionsgebundenes Schulmodell.
Erst im Jahre 1857 konnte die überkonfessionelle staatliche Grundschule eingeführt werden, die in Folge den Konfessionsschulen überlegen war: 1870 gab es ca. 3.800 Grundschulen, von denen 2.800 in staatlicher und 1.000 in freier Trägerschaft waren. 200 dieser Schulen waren orthodox-calvinistisch geprägt. Als durch das Grundschulgesetz von 1878 nicht nur Schulgebäude und Lehrerausbildung verbessert wurden, flammte der Streit wieder auf, ohne daß die Orthodoxen sich durchsetzen konnten.
In der Frage des Wahlrechts war die Haltung der Parteien uneinheitlich. Nur die Sozialdemokraten, die wegen des Zensuswahlrechts lange Zeit von einer Mitarbeit im Parlament ausgeschlossen waren, forderten ein allgemeines, freies Wahlrecht; die anderen Parteien waren eher für eine Senkung des Zensus, der das entscheidende Kriterium zur Teilnahme an den Wahlen war.
Im Jahre 1887 wurde auch die persönliche Eignung und der Status zur Grundlage für das Wahlrecht gemacht, worauf sich die Wählerschaft auf 13,9%, im Jahre 1896 sogar auf 49% der Bevölkerung vergrößerte. Ein allgemeines Wahlrecht gab es aber erst 1917 (für Männer) bzw. 1919 (auch für Frauen).
1870 wurde das Strafrecht reformiert und 1889 gab es zum ersten Male Ansätze einer Sozialgesetzgebung, als die Frauen- und Kinderarbeit auf 11 Stunden pro Tag eingeschränkt und eine Sonntagsarbeitsverbot eingeführt wurde.