|
Einführung
Zur Zeit des Pontifikats von Papst Benedikt XVI. (2005-2013) erschienen 209 Briefmarken.
|
Der Werdegang von Josef Ratzinger
Joseph Alois Ratzinger wurde im oberbayerischen Marktl am Inn (Sprengel im niederbayerischen Bistum Passau) als Sohn des Gendarmeriemeisters Joseph (geb. 6. März 1877, gest. 25. August 1959) und der Köchin Maria Ratzinger (geb. 7. Januar 1884, gest. 16. Dezember 1963) geboren. Er hat zwei Geschwister, Maria Ratzinger (geb. 7. Dezember 1921, gest. 2. November 1991) und Georg Ratzinger (geb. 15. Januar 1924). Das Umfeld, in dem Ratzinger aufwuchs, war tief religiös geprägt.
Zwei Jahre nach seiner Geburt, am 11. Juli 1929, zog die Familie nach Tittmoning an der Salzach, am 5. Dezember 1932 nach Aschau am Inn, wo Ratzinger seine Grundschulzeit verbrachte. In den 1930er Jahren, nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, kaufte der Vater ein kleines Bauernhaus in Hufschlag bei Traunstein. Hier, so Ratzinger in seinen Erinnerungen, sei die "eigentliche Heimat" der Familie gewesen, da sich der Vater, der als Gendarm sein ganzes Leben beruflich flexibel sein mußte, nach der Pensionierung dort niedergelassen hatte. Trotz der finanziellen Belastung schickten die Eltern Joseph Ratzinger und seine Geschwister in ein Internat, wo der Einser-Schüler durch seinen besonderen Ehrgeiz auffiel.
Mit 14 Jahren wurde Ratzinger im Jahr 1941 Angehöriger der Hitler-Jugend, wie es das Gesetz über die Hitler-Jugend von 1936 verlangte. Im Alter von 16 Jahren wurde er als Flakhelfer für den Schutz einer BMW-Fabrik außerhalb Münchens eingesetzt. Auf die Frage eines Vorgesetzten nach seinem Berufsziel gab er schon damals das Priesteramt an. 1944 wurde er zur Grundausbildung eingezogen und ins österreichische Burgenland zum Reichsarbeitsdienst versetzt, wo er unter anderem bei der Errichtung von Panzersperren eingesetzt wurde. In den letzten Kriegstagen desertierte er. Dennoch kam er 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Als Seminarist des in Traunstein ansässigen damaligen Priesterseminars machte er das Abitur auf dem Chiemgau-Gymnasium in Traunstein.
Von 1946 bis 1951 studierte Ratzinger Katholische Theologie und Philosophie und zwar an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Freising sowie am Herzoglichen Georgianum der Universität München. In Freising trat er der K.St.V. Lichtenstein-Hohenheim zu Freising-Weihenstephan im KV bei.
Nach eigener Auskunft wurde er besonders durch Werke von Gertrud von le Fort, Ernst Wiechert, Fjodor Dostojewski, Elisabeth Langgässer, Theodor Steinbüchel, Martin Heidegger und Karl Jaspers beeinflußt. Die drei Letztgenannten empfand der junge Student als Umbruch aus der Dominanz des Neukantianismus. Als Schlüssellektüre las er das Werk von Steinbüchel "Der Umbruch des Denkens". Zum Abschluß seines Studiums sah er sich bei den älteren Kirchenvätern eher zum tatkräftigen Augustinus als zu Thomas von Aquin hingezogen. Bei den Scholastikern interessierte er sich für den heiligen Johannes Bonaventura.
Im Jahre 1953 wurde Ratzinger mit der Arbeit Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche an der Universität München zum Doktor der Theologie promoviert. 1957 habilitierte er sich an der Universität München im Fach Fundamentaltheologie mit der Schrift Die Geschichtstheologie des Hl. Bonaventura.
1958 trat der damals 31-Jährige eine Professur für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising an. 1959 wurde er an die Universität Bonn berufen. Seine Antrittsvorlesung hielt er über das Thema "Der Gott des Glaubens und der Gott der Philosophie". Den Bonner Lehrstuhl hatte er inne, bis er 1963 dem Ruf an das Seminars für Dogmatik und Dogmengeschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster folgte. Zu seiner dortigen Antrittsvorlesung am 28. Juni 1963 zum Thema Offenbarung und Überlieferung sollen sich Studierende und Dozenten in den völlig überfüllten Hörsaal 1 im Fürstenberghaus gedrängt haben, um den mittlerweile sehr bekannten Theologen zu hören.
Von 1966 bis 1969 hatte Ratzinger - auf Vermittlung von Hans Küng - einen Lehrstuhl für Katholische Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen inne. 1969 wurde er an die Universität Regensburg berufen, wo er bis zu seiner Ernennung zum Erzbischof 1977 Dogmatik und Dogmengeschichte lehrte. Der spätere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm studierte hier u.a. Theologie bei Ratzinger.
In seiner Einführung in das Christentum schrieb Ratzinger 1968 gegen die römischen Theologen, es gehöre zu den moralischen Pflichten jedes Papstes, vor einer Entscheidung die Stimme der Kirche allumfassend zu hören. Die Kirche sei zu zentralistisch, zu stark von Rom kontrolliert, habe zu straffe Zügel und zu viele Gesetze. Den Primat des Papstes zählte Ratzinger nicht zu den primären Elementen des Kirchenbegriffs, schon gar nicht könne er als dessen eigentlicher Konstruktionspunkt gelten. Mit dem Wort katholisch sei die bischöfliche Struktur der Kirche ausgedrückt. Diese Sätze ließ er in späteren Auflagen streichen.
- Priester und Erzbischof -
1951 empfing er zusammen mit seinem Bruder Georg Ratzinger das Sakrament der Priesterweihe durch den damaligen Erzbischof von München und Freising, Kardinal Michael von Faulhaber. Seine Primiz feierte er in der Stadtpfarrei St. Oswald in Traunstein.
Während des 2. Vatikanischen Konzils (1962-1965) war Ratzinger auch Berater und Redenschreiber des Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Frings. Er vertrat in dieser Eigenschaft eine reformorientierte Auffassung, etwa bezüglich der Besetzung von Kommissionen oder des Kurientextes über die Offenbarung. Eine von Ratzinger verfaßte Rede Frings gegen neuscholastische Erstarrung Roms und gegen Mißstände im Heiligen Offizium verlangte summarisch transparentere Verfahren. Sie wurde als Paukenschlag und als Brandrede gewertet und fand unter den Zuhörern des Zweiten Vatikanischen Konzils starken Beifall. Die Rede machte Ratzinger schlagartig in Kirchenkreisen bekannt. Unter dem Schlagwort aggiornamento (in das Heute bringen) war er Anhänger einer Öffnung der Kirche. Diese liberale Grundeinstellung, mit der er die Veränderungen des Konzils befürwortete, relativierte sich jedoch in der Folgezeit - nach eigenen Angaben während der 68er-Bewegung u. a. in Tübingen -, da er den Glauben durch heraufkommende "Beliebigkeit" gefährdet sah. In Universitätsveranstaltungen war es zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen, die den jungen, eher zurückhaltenden Hochschullehrer mutmaßlich persönlich getroffen haben. Der einst als Reformer gehandelte Ratzinger wandelte sich zum Bewahrer. So bildete sich das konservatives Bild, das sich in der öffentlichen Wahrnehmung verfestigt hat. Die konservative Einstellung behielt er auch als Professor und Erzbischof von München und Freising bei. Sie trug offenbar maßgeblich zu seiner späteren Ernennung zum Präfekten der Glaubenskongregation durch Papst Johannes Paul II. bei. 1976 wurde Ratzinger der Ehrentitel eines Päpstlichen Ehrenprälaten für besondere Verdienste um die Kirche verliehen.
Im März 1977 ernannte Papst Paul VI. Joseph Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Die Bischofsweihe empfing er am 28. Mai durch den Bischof von Würzburg, Josef Stangl. Mitkonsekratoren waren der Bischof von Regensburg, Rudolf Graber, sowie der Weihbischof von München und Freising, Ernst Tewes. Bereits zwei Monate später wurde er am 27. Juni zum Kardinal erhoben. Als solcher empfing er den polnischen Episkopat in München, darunter auch Karol Wojtyla, der bald darauf, nach dem kurzen Pontifikat von Johannes Paul I., zum Papst gewählt wurde. An beiden Wahlen war Ratzinger beteiligt. Ratzingers Bischofsmotto lautet: Cooperatores veritatis (lat, deutsch: Mitarbeiter der Wahrheit).
- Präfekt der Kongregation für Glaubenslehre -
Joseph Ratzinger war vor seiner Wahl zum Papst Dekan des Kardinalskollegiums und seit dem 25. November 1981 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre (Glaubenskongregation), der Nachfolgeorganisation der Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition (1908 umbenannt in Heiliges Offizium). Als Präfekt der Glaubenskongregation hatte Ratzinger einen Stab von 40 Mitarbeitern. 1992 ernannte ihn der Papst zum Titularbischof der suburbikarischen Diözese Velletri-Segni. Ab 1998 war Ratzinger Subdekan des Kardinalskollegiums und wurde 2002 zum Dekan des Kardinalskollegiums und damit zum Titularbischof von Ostia gewählt. Er war nun einer der bedeutendsten Kardinäle und galt theologisch und kirchenpolitisch als rechte Hand Papst Johannes Pauls II.
Joseph Ratzinger war als Präfekt der Glaubenskongregation für die Ablehnung des Vatikans von Priesterehen, Befreiungstheologie (massiver Konflikt mit Leonardo Boff und Gustavo Gutierrez), gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, künstlichen Formen der Empfängnisverhütung, und - aus der Sicht seiner Kritiker - von pluralistischen Ansätzen in der Kirche und Forderungen nach Dezentralisation der Kirche mitverantwortlich. Innerkirchliche Kritiker wie Roger Haight, Jacques Dupuis, Anthony de Mello und Tissa Balasuriya wurden mit Bußschweigen, Ämterverlust oder mit Exkommunikation bestraft.
Auch in Fragen der Ökumene wird Ratzinger eher als Bremser gesehen, jedoch gestattete er dem Taizégründer und Protestanten Frère Roger bei der Messe zur Beerdigung Johannes Pauls II. die Teilnahme an der Kommunion, was von einigen Beobachtern als Sensation aufgenommen wurde, obwohl er damit nur eine Praxis seines Vorgängers weiterführte. Das umstrittene päpstliche Lehrschreiben Dominus Iesus, bei dem Ratzinger die Feder geführt hatte, richtete nach allgemeiner Einschätzung ökumenischen Schaden an.
Eine Beteiligung von Frauen am Priesteramt schloß der konservative Kirchenführer kategorisch aus. Das Lehrschreiben Ordinatio Sacerdotalis von Johannes Paul II., das die Priesterweihe für Frauen ein für alle mal untersagt, wurde von Ratzinger als unfehlbar bezeichnet. Mit den deutschen Bischöfen, insbesondere mit Karl Kardinal Lehmann, verwickelte sich Ratzinger in verschiedene Konflikte, etwa über die Möglichkeit der Teilnahme an der Kommunion durch geschiedene-wiederverheiratete Katholiken. Kardinal Lehmann lenkte in dieser Frage ein, obwohl er nach allgemeiner Einschätzung über gute Argumente verfügte.
Großen Anteil hatte Ratzinger am Katechismus für die Katholische Kirche (KKK, Weltkatechismus), in dessen dritten Teil u.a. die Sexualmoral in Glaubenssätzen und Lehrregeln der katholischen Kirche vorgegeben wird. Kritiker dieser konservativen Festlegungen bemängeln eine fehlende oder tautologische Begründung dieser Abschnitte, insbesondere dort, wo sie - zum Teil sehr weit - über jene der Zehn Gebote hinausgehen.
In Deutschland trieb Ratzinger den Ausstieg aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung voran, da er in der Teilnahme eine Form der Mitwirkung an Abtreibungen sah. Der Ausstieg geschah gegen die Mehrheitsmeinung der deutschen Bischöfe, die der Überzeugung waren, daß die Schwangerenberatung einen wichtigen Beitrag zum Schutz von ungeborenem Leben leistet. Seinen Aufruf, Abtreibungsbefürwortern in der Politik die Kommunion zu verweigern, empfanden Kritiker als Einmischung in den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2004 zu Lasten John Kerrys.
Obgleich Ratzinger ein glänzender Polemiker ist - sein Doktorvater Clemens Gottlieb Söhngen soll sich etwa über die bayerische Rauflust seiner Dissertation amüsiert haben - wirkt er im Umgang mit Menschen schüchtern und zurückhaltend.
Die umfangreichen Aufgaben der römischen Weltkirche veranlaßten Ratzinger selbst, den Papst wiederholt um seine Entlassung zu bitten, um sich in seiner bayerischen Heimat Pentling bei Regensburg der Schriftstellerei widmen zu können. Zu seinem 75. Geburtstag stellte er das Rücktrittsgesuch, das traditionellerweise beim Erreichen dieses Alters eingereicht wird. Der Papst lehnte das Gesuch jedoch ab und so setzte er den Dienst bis zum Ende des Pontifikates fort.
Seit Januar 2005 wurde Ratzinger in der Presse als möglicher Nachfolger von Papst Johannes Paul II. gehandelt. Dennoch galt die Wahl als völlig offen, da sich bei vielen vergangenen Papstwahlen der römische Grundsatz bewahrheitet hatte: wer als Papst ins Konklave zieht, kommt als Kardinal wieder heraus. Auch das Time Magazine, das Ratzinger als papabile ansah, schrieb: "Nicht jeder im Vatikan ist überzeugt, daß Ratzinger im Augenblick der richtige Mann wäre."
Am 8. April 2005 leitete Ratzinger in Rom die Begräbnisfeierlichkeiten für Papst Johannes Paul II. Im Zusammenhang mit dem Tode Johannes Pauls II. fiel ihm als Kardinaldekan die Schlüsselrolle zu, die Kardinäle zum Konklave einzuberufen.
Am 18. April 2005 hielt Joseph Ratzinger eine vielbeachtete, gegen Materialismus und Relativismus gerichtete Predigt und leitete die am selben Tag begonnene Papstwahl. Schon am folgenden Nachmittag wurde er zum Papst gewählt. Er gab sich den Papstnamen Benedikt XVI. Es wird vermutet, daß er mit dieser Namenswahl auf den Ordensgründer Benedikt von Nursia, Patron Europas, aber auch auf seinen Namensvorgänger Benedikt XV. (Pontifikat 1914-1922) anspielt, der als "Friedenspapst" bezeichnet wurde, obwohl seiner Friedensinitiative bei den kriegführenden Parteien des Ersten Weltkrieges kein Erfolg beschieden war. Vielleicht spielt die Namensgleichheit auch auf Benedikts XV. versöhnlichere Haltung nach den harten Auseinandersetzungen seines Vorgängers Papst Pius X. mit dem Modernismus an (vgl. Antimodernisteneid).
Benedikt XVI. ist der erste Deutsche als Papst seit Hadrian VI. vor 482 Jahren. Hadrian wurde in Utrecht in den heutigen Niederlanden geboren, das zu seinen Lebzeiten Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation war und sich auch kulturell als Teil der "Deutschen Nation" (Niederdeutsche) betrachtete. Dies ist auch der Grund für die Beisetzung Hadrians in der deutschen Nationalkirche in Rom. Vor und nach Hadrian VI. kamen zahlreiche weitere Päpste beispielsweise aus den italienischen Gebieten des Heiligen Römischen Reiches (u. a. der Toskana), die dennoch nie als "deutsche" Päpste bezeichnet wurden. Der letzte Papst, der auf dem heutigen Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland geboren wurde, war Papst Viktor II., der im Jahr 1055 sein Amt antrat.
Drei Tage vor seiner Wahl zum Papst wurde Joseph Ratzinger 78 Jahre alt und ist damit der älteste gewählte Kandidat seit Klemens XII. (1730). Benedikt XVI. beherrscht zahlreiche Fremdsprachen (Italienisch, Französisch, Latein, Englisch und Spanisch) und liest außerdem Altgriechisch und Hebräisch.
|
Die Markenausgaben 2005 - 2009
Für 2005 sind die Ausgaben "Papst Benedikt XVI." (erschienen als drei Kleinbogen zu je sechs Marken), "Weltjugendtag", "Europa", "20 Jahre Konkordat mit Italien", "Bilder von Perugino", "Reise Johannes Paul II. nach Bern und Loreto" und "500 Jahre Schweizer Garde" zu nennen.
2006 erschienen "St. Ignatius da Loyolo und St. Francesco Saverio", "500. Todestag Andrea Mantegna", "500 Jahre Basilika St. Peter", "250. Geburtstag Mozarts", "Papstreise nach Köln" und "Weihnachten".
Im Jahre 2007 wurden die Marken "80. Geburtstag Papst Benedikt XVI.", "500. Trodestag St. Francesco di Paola", "300. Geburtstag Carlo Goldinis", "250 Jahre Christliches Museum", "Neues Museum für Philatelie und Numismatik" und "50 Jahre Römische Verträge" emissiert.
Für das Jahr 2008 sind die Ausgabe "500 Jahre Sixtinische Kapelle", "150 Jahre Erscheinung von Lourdes", "49. Internationaler Eucharistie-Kongreß", "Weltjugendtag in Sydney", "UNO-Besuch des Papstes", "Paulusjahr", "500. Geburtstag Andrea Palladio" und "Postkonvention Malteserorden-Vatikan" zu nennen.
Im Jahr 2009 erschienen "700 Jahre Verehrung Unserer lieben Frau von Europa", der "Kleinbogen 700 Jahre Verehrung Unserer lieben Frau von Europa", "Europa - Internat. Jahr der Astronomie", "400 Jahre Heiligsprechung Hl. Franziskus von Rom", "200. Geburtstag Kardinal Gulielmo Massaja" und "Tag der italienischen Sprache".
|
Die Wahl Ratzingers zum Papst
Am 18. April 2005 trafen sich die 115 wahlberechtigten Kardinäle zum Konklave in der Sixtinischen Kapelle, um den neuen Papst zu wählen. Schon im vierten Wahlgang wurde 78-jährige Kardinal Ratzinger, der als einer der größten Favoriten galt, gewählt. Er strafte damit ein altes Sprichwort der Lüge "Wer als Favorit gilt, kommt als Kardinal hinaus". Josef Ratzinger ist nach 482 der achte deutsche Papst. Kurz nach der Wahl zeigte er sich den Römern als Benedikt XVI.; er ist der 265. Papst der katholischen Kirche.
In einer ersten Stellungnahme nach seiner Wahl bekannte er sich in aller Deutlichkeit zur Einheit des Christentums und zum Dialog der Religionen. Er wolle wie sein Vorgänger "ohne Unterlaß für die Wiederherstellung der vollen und sichtbaren Einheit aller Christen arbeiten", sagte der ehemalige Kardinal Ratzinger während seiner ersten Messe in Rom am 20. April 2005.
Er spüre "ein Gefühl der Unzulänglichkeit und der inneren Aufruhr" angesichts der großen Verantwortung, sagte der 78-jährige Pontifex Maximus. Er bat das anwesende Kardinalskollegium, ihn "mit Gebeten und mit aktiver und kenntnisreicher Zusammenarbeit" zu unterstützen. Zugleich bekannte er, seine Wahl zum Papst habe ihn überrascht. In bewegenden Worten sprach Benedikt XVI. über seinen verstorbenen Mentor und Vertrauten Johannes Paul II.: "Ich spüre, daß ich seine lachenden Augen sehen kann und seine Stimme höre, die zu mir spricht: 'Hab keine Angst.'". Johannes Paul II. habe die katholische Kirche "mutiger, freier und jünger" gemacht. Dem fühle er sich verpflichtet. Benedikt XVI. bestätigte, daß er im August zum Weltjugendtag nach Köln reisen werde.
Seiner Ankündigung des Dialogs mit anderen Religionen wolle er konkrete Taten folgen lassen, sagte Benedikt XVI.: "Eine Demonstration guter Absichten reicht nicht aus. Wir brauchen Gesten, die die Seele berühren und das Bewußtsein bewegen, mit denen wir einander zu jener inneren Umkehr rufen, die die Grundlage für jeden Fortschritt auf dem Pfad der Ökumene ist."
Benedikt XVI. deutete an, die kirchliche Macht stärker verteilen zu wollen, indem er die "Kollegialität" und die Zusammenarbeit mit den Bischöfen der Ortskirche weiterentwickeln wolle. Der neue Papst bekannte sich ausdrücklich zum 2. Vatikanischen Konzil, mit dem die Kirche in den Sechziger Jahren eine vorsichtige innere Modernisierung und eine Öffnung zur Welt einleitete.
Nach der Messe brach Benedikt XVI. die Siegel auf, mit denen die päpstliche Wohnung im Apostolischen Palast nach dem Tod von Johannes Paul II. verschlossen worden war. Sie soll noch renoviert werden. Zum Gottesdienst zur feierlichen Amtseinführung von Benedikt XVI. am Sonntag auf dem Petersplatz werden bis zu 500.000 Gläubige erwartet. Deutschland wird von Bundespräsident Horst Köhler vertreten werden.
Nach Überzeugung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, wird bald eine "eigene Handschrift" des neuen Papstes erkennbar werden. Am Dienstagabend hatte Lehmann die Wahl des konservativen Kirchenmannes ausdrücklich verteidigt: "Wir haben immer ein sehr gutes Bild von Ratzinger gehabt." Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Wolfgang Huber, äußerte die Hoffnung, daß Benedikt XVI. die Ökumene vorantreiben werde. Nachdem Papst Johannes Paul II. auf die evangelische Kirche zugegangen sei, komme es für die katholische Kirche jetzt darauf an, auf diesem Weg weiterzugehen.
Die Union im Bundestag wertete die Wahl des neuen Papstes als Anerkennung für die Kirche in Deutschland. Die Kirchen-Expertin der Grünen, Christa Nickels, erklärte dagegen, Ratzinger sei ein "herausragender Theologe", doch mit dem früheren Kardinal verbänden sich auch "viele Brüskierungen nicht nur der Reformkatholiken und Laien". In einer vom Westdeutschen Rundfunk veröffentlichten Meinungsumfrage begrüßte eine deutliche Mehrheit der Deutschen die Wahl des neuen Papstes. Schwulen- und Aidshilfe-Verbände äußerten sich dagegen skeptisch.
Weltweit wurde die Wahl des Deutschen von Staats- und Regierungschefs sowie von Katholiken weitgehend positiv aufgenommen. US-Präsident George W. Bush pries Ratzinger als gebildeten Mann von "großer Weisheit". Israels Außenminister Silvan Schalom betonte, der neue Papst solle wie sein Vorgänger gegen den Antisemitismus kämpfen. In Afrika mischten sich unter die positiven Stimmen katholischer Kirchenführer skeptische Außerungen von Aids-Aktivisten.
|
Maßnahmen und Wirken
Schon zwei Tage nach der Wahl hat Papst Benedikt XVI. in ersten wichtigen Personalentscheidungen die Kardinäle an der Spitze der Kurie bestätigt. Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano bleibt "Ministerpräsident" des Vatikans. Alter und neuer "Außenminister" an der Seite Joseph Ratzingers ist Erzbischof Giovanni Lajolo, "Innenminister" bleibt Erzbischof Leonardo Sandri. Zugleich wurde in Rom bekannt, daß Ratzinger bei der geheimen Wahl im Konklave die überwältigende Mehrheit von rund 90 Prozent der Stimmen erhalten haben soll. Im Vatikan wurde die feierliche Amtseinführung des Pontifex am Sonntag nach der Wahl gefeiert. Beim ersten Wahlgang am Montagnachmittag hatten Ratzinger und sein Kontrahent, der reformorientierte Mailänder Kardinal Carlo Maria Martini, den Angaben zufolge je etwa 40 Stimmen erhalten. Dienstagvormittag seien dann etliche "Unentschiedene" - etwa die Anhänger des Papstkandidaten Angelo Sodano - zu Ratzinger "übergelaufen". Entscheidend sei schließlich das Mittagessen im Gästehaus Santa Marta gewesen; viele Anhänger Martinis hätten danach die Seiten gewechselt. Am Ende des Konklaves habe es in der Sixtinischen Kapelle dramatische Augenblicke gegeben, der 78-jährige Ratzinger habe nicht sofort "Ja" gesagt. "Alle applaudierten, aber er hielt den Kopf gesenkt. Ich glaube, er betete", sagte ein Kardinal. Nach Ratzingers Zustimmung stießen die Purpurträger mit Champagner an - und die Stimmung habe sich gelöst. Bei ihrer Entscheidung ging es den Papstwählern nach Angaben des Berliner Kardinals Georg Sterzinsky vor allem um Kontinuität zum Kurs von Johannes Paul II., sagte er laut Mitteilung des Erzbistums.
|
Mit einer ungewöhnlich persönlichen gehaltenen Predigt auf dem Petersplatz in Rom feierte Papst Benedikt XVI. seinen 80. Geburtstag am 15. April 2007. Vor zehntausenden Gläubigen und mehreren Tausend Pilgern aus der bayerischen Heimat erinnerte der Kirchenführer immer wieder an die Stationen seines Lebens.
Bei strahlender Sonne erinnerte Joseph Ratzinger an seine Familie und Freunde. "Ich danke Gott, dass ich erleben durfte, was Familie bedeutet...Ich danke Gott, dass ich tief erfahren durfte, was mütterliche Güte bedeutet. Ich danke Gott für meine Geschwister, die mir ein Leben lang treu und helfend zur Seite standen und stehen. Ich danke Gott für die Weggefährten, Freunde und Helfer, die er mir geschenkt hat."
Neben zahlreichen Kardinälen und Bischöfen nahmen auch der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber und sein Amtskollege Peter Harry Carstensen (CDU) aus Schleswig-Holstein an dem Gottesdienst teil. Auch der Münchner Kardinal Friedrich Wetter war am Gottesdienst dabei, ein Ehrenplatz war ebenfalls für den Papstbruder Georg Ratzinger aus Regensburg reserviert.
|
- Benedikt und die Pius-Brüderschaft -
Als 2009 Papst Benedikt die fundamentalistische Pius-Brüderschaft, die von Bischof Lefebre gegründet worden war, wieder in die Gemeinschaft der Gläubigen aufnahm, stieß er weltweit mit dieser Maßnahme auf Kritik. Hintergrund des Debatte war die Wiederaufnahme des Holocaust-Leugners Richard Williamson sowie drei weiterer erzkonservativer Bischöfe in die katholische Kirche. Williamson hatte sich zwar beim Papst dafür entschuldigt, Streit ausgelöst zu haben. Er widerrief aber nicht seine Äußerung, daß die historische Beweislage gegen die Vergasung von sechs Millionen Juden zur Nazizeit spreche. Erst als er aus Argentinien ausgewiesen wurde, distanzierte er sich teilweise von seinen Äußerungen. Papst Benedikt wurde in Deutschland besonders vom Zentralrat der Juden und Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert.
|
- Angriff auf den Papst Weihnachten 2009 -
Papst Benedikt XVI. hatte in seiner Weihnachtsbotschaft 2009 zu Gemeinschaft und friedlichem Zusammenleben aufgerufen. Vor Tausenden von Gläubigen auf dem Petersplatz forderte das Oberhaupt der katholischen Kirche freitags, "jegliche Logik der Gewalt und der Rache aufzugeben" und die unveräußerlichen Rechte der Menschen zu achten. Anschließend spendete er den Segen "Urbi et Orbi" (der Stadt und dem Erdkreis). Vor der Christmette am Donnerstagabend war Benedikt von einer offenbar geistig verwirrten Frau angegriffen und zu Boden gerissen worden, wobei der Papst aber unverletzt blieb. Ert verlor bei dem Angriff lediglich seine Mitra und seinen Bischofsstab.
Der Angriff am Donnerstag ereignete sich, als sich die Prozession mit dem Papst auf den Hauptaltar im Petersdom zubewegte. Die Angreiferin überwand eine Absperrung und schlug Benedikt sowie Kardinal Roger Etchegaray nieder. Der 87 Jahre alte Etchegaray brach sich die Hüfte und muss operiert werden. Die 25-jährige Frau hatte dem Vatikan zu Folge die italienische und die Schweizer Staatsbürgerschaft. Es handelte sich um die gleiche Angreiferin, die bei der Christmette vor einem Jahr die Absperrung übersprungen hatte. Sie wurde damals von Sicherheitsleuten gestoppt, bevor sie in die Nähe des Papstes gelangen konnte.
|
- Benedikt und die Mißbrauchsvorfälle -
Im Jahr 2010 wurden immer mehr Mißbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen bekannt, da die Opfer, die oft jahrzehntelang geschwiegen hatten, sich an die Öffentlichkeit wagten. Papst Benedikt XVI. reagierte im Februar in seinem persönlich verfaßten Hirtenbrief an die Katholiken Irlands und bat die Opfern sexuellen Mißsbrauchs um Verzeihung. Der Papst bekundete in dem Schreiben "Scham und Reue". Auf die deutsche Situation ging er nicht explizit ein. Die Kirche in Deutschland begriff den Brief trotzdem als Weisung, denn im Namen der Kirche bekunde er "die Scham und die Reue, die wir alle empfinden". Die Täter rief der Papst zur Rechenschaft vor weltlichen und kirchlichen Gerichten und den Bischöfen hielt er "schwere Fehlurteile und Versagen in der Leitung" vor. Für einige Bistümer, Priesterseminare und Orden in Irland kündigte der Papst vatikanische Untersuchungskommissionen an. Was Benedikt XVI. den Katholiken in Irland gesagt habe, "hat Geltung für die ganze Kirche und ist eindeutig eine Botschaft auch an uns in Deutschland", erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch.
Nach einem Treffen mit Mißsbrauchsopfern kündigte Papst Benedikt XVI. im April 2010 konkrete Maßnahmen der Kirche als Reaktion auf den Skandal an. In seiner Generalaudienz sagte Benedikt über sein Gespräch mit den Opfern aus Malta: "Ich haben ihr Leiden mit ihnen geteilt, tief bewegt mit ihnen gebetet und ihnen das Handeln der Kirche zugesichert". Die Erklärung war die erste direkte öffentliche Stellungnahme des Papstes zum Mißbrauchsskandal seit seinem Hirtenbrief an die irischen Gläubigen vom 20. März. Iin einer Predigt rief er die Christen zur Buße auf, was als Bezug auf die Krise interpretiert wurde.
Außerdem nahm der Papst das Rücktrittsgesuch des irischen Bischofs von Kildare, Jim Moriarty, an, der wegen des Mißbrauchsskandals sein Amt aufgegeben hatte. Moriarty hatte im Dezember 2009 seinen Rücktritt angeboten. Kurz zuvor hatte die Erzdiözese Dublin eine Untersuchung veröffentlicht, laut der seit 1940 Dutzende Kirchenführer mithalfen, Fälle von Kindesmißbrauch durch mehr als 170 Priester zu unterdrücken. Die Erzdiözese Washington gab außerdem die Identität eines ausgewiesenen deutschen Priesters bekannt, der in Deutschland unter Mißbrauchsverdacht stand. Es handelte sich um einen Pfarrer, der von 2004 bis März 2010 Kaplan einer deutschsprachigen katholischen Gemeinde in den USA gewesen war. Über Vorwürfe gegen ihn in dieser Zeit sei nichts bekannt worden. Auch die Diözese in Mainz teilte mit, daß sie die Staatsanwaltschaft über die Missbrauchsvorwürfe gegen einen Priester informiert hätte. Der suspendierte Pfarrer stand unter dem Verdacht, in den späten 80er und frühen 90er Jahren Mädchen sexuell mißbraucht zu haben.
Im Juni 2010 bat Papst Benedikt XVI. die Opfer der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche um Vergebung. Er werde alles nur Mögliche tun, um Kinder vor sexueller Belästigung durch Priester zu schützen, erklärte der Papst. Zum Abschluß einer Messe zum Kampgnenjahr für den Prieserberuf sager er: "Wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, daßwir alles tun wollen, um solchen Mißbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen". Die Vergehen an Kindern hätten "das Priestertum als Auftrag der Sorge Gottes um den Menschen in sein Gegenteil verkehrt", beklagte der Papst vor rund 15.000 teilnehmenden Geistlichen. Künftig wolle man bei der Auswahl der Kandidaten und in der Ausbildung alles tun, um die "Rechtheit der Berufung" zu prüfen. Auch solle es eine stärkere Begleitung von Geistlichen geben.
|
- Papst Johannes Paul II. wird selig gesprochen -
Am 01.05.2011 wurde Johannes Paul II. selig gesprochen, was so wenige Jahre nach dem Tod des polnischen Papstes eine sehr kurze Zeit und somit für die katholische Kirche beispiellos war! Die wundersame Genesung der französische Nonne Marie Simon-Pierre von der Parkinson-Krankheit war es, die den Weg für die Seligsprechung freimachte, denn die katholische Kirche schreibt die Heilung der Ordensschwester vor sechs Jahren dem verstorbenen Kirchenoberhaupt zu. Bei der Zeremonie zur Seligsprechung auf dem Petersplatz spielte die Nonne eine herausgehobene Rolle: Sie trug gemeinsam mit der Polin Tobiana Sobodka eine Ampulle mit dem Blut des Verstorbenen und präsentierte diese den Gläubigen. Es ist die erste offizielle Reliquie des nun seligen Polen - für strenggläubige Katholiken eine besondere Kostbarkeit.
Das offiziell von Papst Benedikt XVI. anerkannte Wunder trug sich nach Angaben der Schwester in der Nacht zum 03.06.2005 zu. Drei Jahre zuvor sei bei ihr Parkinson diagnostiziert worden - dieselbe Krankheit, unter der auch Johannes Paul II. litt. Nach und nach wurden laut Marie Simon-Pierre ihr linker Arm und ihr linkes Bein von starkem Zittern befallen. Vom 02.04.2005 an - dem Todestag von Johannes Paul II. - habe sich ihr Zustand weiter verschlechtert. "Ich sah mich schwinden, ich konnte nicht mehr schreiben", berichtete die Nonne dem Vatikan. Am 2. Juni habe sie deshalb ihre Oberin gebeten, sie von ihren Aufgaben zu entbinden. Doch diese bat sie, noch durchzuhalten. "Johannes Paul II. hat vielleicht sein letztes Wort noch nicht gesprochen", sagte die Vorgesetzte. In der Nacht habe sie dann plötzlich wieder schreiben können, beschrieb Marie Simon-Pierre ihre Genesung. "Alles, was ich sagen kann, ist: Ich war krank und bin geheilt", berichtete sie. Nicht nur Experten des Vatikans, auch weltliche Ärzte und Psychologen untersuchten den Fall und bestätigten eine rational nicht erklärbare Heilung. In Frankreich meldeten sich zwar Ärzte zu Wort, die - ohne die Nonne behandelt zu haben - ihre Parkinson-Erkrankung anzweifelten. Doch Papst Benedikt erkannte den Fall nach einer abschließenden Untersuchung im Januar als Wunder an.
|
- Zum 85. Geburtstag von Papst Benedikt XV. -
Am Montag, dem 16.04.2012, wurde Papst Benedikt XVI. 85 Jahre alt. Ein Alter, in dem fast alle Menschen sich im Ruhestand befinden. Aber sogar Kritiker räumten ein, daß der Papst noch etwas zu sagen hat. Daß er Fragen stellt, die nachhaltige Antworten fordern. Das Pontifikat hatte mit der Visite in Deutschland 2011 und besonders in Freiburg neue Fahrt aufgenommen. Krisisiert wurde er häufig, wie z. B. wegen seiner Haltung zur Pius-Bruderschaft bzw. der Mißbrauchsfälle in der katholischen Kirche.
Die Kraft der Rede von Freiburg im September 2011 ist ihr Geist. Denn im damals sechsten Jahr seines Pontifikats hatte der Papst nichts weniger als sein Kirchenbild vorgestellt. Aus seinen Entwürfen einer Ekklesiologie in den 1960er Jahren ist dieses Kirchenverständnis erwachsen, das vor allem biblisch geprägt ist und das aus dem Johannesevangelium mit dem Jesus-Gebet sein Leitmotiv bezieht: "Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin." Aber Benedikt XVI. betreibt damit keine Exegese. Er nutzt die Bibel für sein Kirchenbild des 21. Jahrhunderts als historische Quelle. Aus dem Alten Testament stammt auch die Geschichte, mit der Benedikt der Kirche der Gegenwart das Beispiel einer erfüllten Entweltlichung anschaulich macht. Es ist die Erinnerung an den Stamm Levi. Als einziger Stamm in Israel war er ohne eigenes Erbland. Was er besaß, war allein Gottes Wort. Erst einige Zeit nach Freiburg wird deutlich, daß die Kirche – und insbesondere die immer noch reiche und als überinstitutionalisiert geltende in Deutschland – künftig eine andere, eine neue sein wird. Nach dem Abschied von einer Volkskirche beginnt die Kirche ihr Profil als eine Gemeinschaft der Entschiedenen zu entwickeln. Es wird besondere, eigene Lösungen geben müssen, gerade in Deutschland mit der weltweit einzigartigen Form eines einflußreichen Laien-Katholizismus. Überdies wird es fraglich bleiben, ob eine scheinbare Weltnähe von Kirche jede Fehlentwicklung zu erklären vermag. So hat der Papst in Freiburg auch die Mißbrauchsfälle in Deutschland angesprochen und gleich darauf die Forderung erhoben, dass es "um so mehr" an der Zeit sei, die "wahre Entweltlichung" zu finden.
|
- Enthüllungsskandal im Vatikan -
In einem seit Wochen schwelenden Enthüllungsskandal nahm die vatikanische Polizei den Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. fest im Mai 2012 fest. Der Vertraute des Papstes soll geheime Unterlagen gestohlen haben. Papst Benedikt XVI. reagierte nach Angaben aus seinem Umfeld "betrübt und geschockt" auf die neuesten Enthüllungen in der Affäre um die Weitergabe vertraulicher Vatikan-Dokumente an die Medien. Es sei eine "schmerzhafte" Entwicklung, zitierten ihn italienische Medien unter Berufung auf einen Vertrauten. Es handelte sich bei dem Verdächtigen um den 46-jährigen Paolo Gabriele, der seit 2006 für den Papst arbeitete. Neben vier Nonnen und den beiden Privatsekretären Georg Gänswein und Alfred Xuereb war er einer der wenigen Vertrauten, die Zugang zu den Privaträumen des Papstes haben.
In den vergangenen Monaten waren immer wieder interne Dokumente des Vatikans an Medien weitergegeben worden, in denen es auch um Korruptionsvorwürfe ging. Im April 2012 ordnete der Papst eine Untersuchung an und betraute eine Kommission von Kardinälen unter der Leitung von Erzbischof Angelo Becciu mit den Ermittlungen. Im Fokus der Korruptionsvorwürfe standen meist die Vatikanbank und Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, die Nummer zwei nach dem Papst. Der Vatikanbank-Chef Ettore Gotti Tedeschi trat in Folge des Skandals zurück.
|
Die Markenausgaben 2010 - 2013
Die Reisen des Papstes
- 20. Weltjugendtag in Köln 2005 -
Seine erste Auslandsreise führte Papst Benedikt XVI. nach Deutschland, wo vom 16. bis 21. August 2005 in Köln der 20. Weltjugendtag gefeiert wurde. Nach der Landung am 25.8. fuhr der Papst mit einem Schiff den Rhein hinab, um den Kölner Dom zu besuchen. Dabei nahm er im Chorgestühl auf dem dort extra einem Papst vorgesehen Sitz Platz. Freitags empfing er den Bundespräsidenten Köhler und weitere Spitzenpolitiker und besuchte als erster Papst eine deutsche Synagoge, wo er zum friedlichen Zusammenleben zwischen Christen und Juden aufrief. Samstags kam er mit Vertretern muslimischer Organisationen in Deutschland zusammen. Abends feierten 100.000 Pilger aus aller Welt auf dem Marienfeld bei Kerpen das Vigil, die Nachtwache. Zur Messe am Sonntag auf dem Marienfeld kamen gut eine Million Gläubige zusammen und 250 Millionen Zuschauer verfolgten das Geschehen im Fernsehen. Die Rückreise trat Benedikt mit der Lufthansa-Maschine "Regensburg" an, die extra eine Schleife über seinen festlich erleuchteten Geburtsort Marktl am Inn.
- Reisen nach Polen und Bayern 2006 -
Im Jahre 2006 reiste Papst Benedikt XVI. nach Polen, um die Heimat seines Vorgängers zu besuchen. Im September war er in seiner Heimat Bayern zu Gast. Ein Vortrag in der Universität Regensburg über "Gewalt und Religion" sorgte für Verstimmung in der islamischen Welt, als er einen byzantinischen Kaiser zitierte. Erst eine Zusammenkunft mit Botschaftern aus islamischen Ländern in seiner Sommerresidenz konnte die Wogen glätten.
- Reise nach Brasilien 2007 -
Am 10. bis 13. Mai 2007 besuchte Papst Benedikt XVI. Brasilien. Ursächlicher Anlaß war die Eröffnung der lateinamerikanischen Bischofskonferenz am Sonntag, dem 13. Mai. Während der Reise wurde der Papst begeistert empfangen, es gab aber auch Kritik wegen seiner strikten Ablehnung der Abtreibung.
- Reise nach Österreich 2007 -
Anfang September 2007 besuchte Papst Benedikt XVI. Österreich und gedachte zum Auftakt seiner dreitägigen Österreich-Reise vor dem Holocaust-Mahnmal auf dem Wiener Judenplatz der Ermordeten. Mit dieser Geste wolle er «unsere Traurigkeit und Reue sowie unsere Freundschaft mit den jüdischen Brüdern ausdrücken», sagte der Papst vor Journalisten während seines Fluges von Rom nach Wien. Benedikt verbeugte sich vor dem Mahnmal, das die Namen aller Vernichtungsstätten der Nationalsozialisten enthält.
- Reise in die USA 2008 -
Papst Benedikt XVI. besuchte vom 16. bis 20. April die USA. US-Präsident George W Bush begrüßte das Kirchenoberhaupt persönlich bei seiner Landung auf der Andrews Air Force Base in Maryland; eine Ehre, die noch keinem Staatsgast widerfahren war.
Vor einem Treffen mit katholischen Bischöfen am Mittwoch war Benedikt im und vor dem Weißen Haus ein herzlicher Empfang bereitet worden. Rund 13.500 Menschen gratulierten ihm gemeinsam mit Präsident George W. Bush zum 81. Geburtstag, sangen "Happy Birthday" und auch eine große Torte fehlte nicht. Das hielt Benedikt nicht davon ab, die USA zur Konfliktlösung mit diplomatischen Mitteln zu mahnen. "Ich bin zuversichtlich, dass die Sorge um die größere menschliche Familie weiterhin Ausdruck in der geduldigen Unterstützung diplomatischer Bemühungen zur Lösung von Konflikten und der Förderung des Fortschritts findet", sagte er im Weißen Haus. In einem 45-minütigen Gespräch mit Bush im Oval Office bekräftigten beide ihre "völlige Ablehnung von Terrorismus sowie die Manipulation von Religion, um unmoralische und gewaltsame Akte gegen Unschuldige zu rechtfertigen".
Vor den Bischöfen kritisierte er den Umgang der US-Bischöfe mit den Mißbrauchsfällen an Kindern, die die Kirche zu einer Zahlung von fast 3 Mrd. US-Dollar an die Opfer veranlaßt hatte. Es sei nicht leicht gewesen, auf den Mißbrauch von Kindern durch Geistliche zu reagieren "und manchmal, wie der Präsident Ihrer Bischofskonferenz (Francis George) sagte, wurde es sehr schlecht gehandhabt", sagte Benedikt am Mittwoch bei einem Gebet mit mehreren hundert US-Bischöfen in Washington. Bereits bei seiner Ankunft hatte Benedikt erklärt, der Sexskandal in der katholischen Kirche erfülle ihn mit "tiefer Scham". Später stellte er die Verfehlungen in der Kirche in einen breiteren Zusammenhang und beklagte eine "Übersexualisierung" der Gesellschaft.
Donnerstags sagte der Papst bei seiner auf Französisch gehaltenen Rede vor der UN-Vollversammlung, die Menschenrechtserklärung dürfe nicht "stückweise angewandt werden, je nach Trends oder selektiven Entscheidungen". Als paradox kritisierte Benedikt XVI., dass ein von vielen Staaten getragener Konsens "den Entscheidungen einiger weniger untergeordnet" sei. Angesichts der Globalisierung mahnte der Papst zu Solidarität mit armen Ländern, die sonst nur deren negativen Auswirkungen erführen. Regeln und Strukturen zur Förderung des Gemeinwohls brauchten mehr Gewicht. "Im Namen der Freiheit muss es eine Wechselbeziehung von Rechten und Pflichten geben", verlangte das katholische Kirchenoberhaupt. Weiter betonte Benedikt XVI., bei ökologischen Fragen gebe es kein Entweder-Oder zwischen Wissenschaft und Ethik. Vielmehr gehe es darum, wissenschaftliche Methoden zu wählen, die ethische Forderungen respektierten.
Als erstes Oberhaupt der katholischen Kirche hatte Benedikt XVI. am Freitagabend eine Synagoge in den USA besucht. "Schalom! Es ist mir eine Freude, nur wenige Stunden vor den Feierlichkeiten zum Pessach-Festes hier zu sein", sagte der Papst vor etwa 400 Zuhörern in der New Yorker Park-East-Synagoge. Rabbiner Arthur Schneier, ein aus Österreich stammender Überlebender des Holocaust, nannte den Papstbesuch ein "historisches Ereignis". Zugleich lobte er die Verbesserung der Beziehungen zwischen Juden und Christen in den vergangenen Jahrzehnten.
Am Samstag hielt Benedikt in der St. Patricks-Kathedrale eine Messe ab. New Yorks jüdischer Bürgermeister Bloomberg begrüßte das Oberhaupt der Katholiken. "New York ist ein Leuchtturm der Toleranz, wo ein Junge aus der Mittelschicht namens Bloomberg aufgewachsen ist, um am Ende den Auftrag zu erhalten, den Papst zu empfangen", sagte er vor der Ankunft des Pontifex. Im Innern der Kathedrale applaudierten mehrere hundert Geistliche und geladene Gäste dem Papst.
Am letzten Tag seiner USA-Reise hatte Papst Benedikt XVI. den Ort der Terroranschläge vom 11. September besucht. Am "Ground Zero" in New York betete er für den Freiden. Nach einer Messe im Yankee-Stadion flog das Oberhaupt der katholischen Kirche wieder nach Hause. Der Besuch am "Ground Zero" war einer der Höhepunkte der sechstägigen USA-Reise Benedikts. An dem Ort, an dem bis zu den Terroranschlägen die Zwillingstürme des World Trade Center standen, kniete er nieder und verharrte einige Momente in stillem Gebet. Dann steckte er zum Gedenken an die Toten eine Kerze an, betete und segnete die Stätte mit Weihwasser. "Gott des Friedens, bring deinen Frieden in unsere gewaltvolle Welt", betete Benedikt.
- 23. Weltjugendtag in Sydney 2008 -
Benedikt XVI. wurde am Sonntag, dem 13. Juli 2008 nach seiner Ankunft am Flughafen von Sydney von Australiens Premierminister Kevin Rudd und Sydneys Erzbischof George Pell begrüßt. Der Weltjugendtag dauerte vom 15. bis 20. Juli. Schon vor dem Beginn des Papstbesuchs bildete sich eine Protestbewegung unter dem Namen "No-To-Pope", in der sich unter anderem Homosexuelle, Atheisten und kircheninterne Papstkritiker zusammenfanden. Rund ein Viertel der 21 Millionen Australier gehören der katholischen Kirche an. Allerdings gehen weniger als zehn Prozent der Australier regelmäßig zum Gottesdienst.
Der Katholische Weltjugendtag wurde am 15. Juli mit einer feierlichen Messe eröffnet. Der Papst entschuldigte sich auf dem Weltjugendtag für den sexuellen Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche. Er wolle "innehalten, um die Scham einzugestehen, die wir alle empfunden haben aufgrund des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen ... in diesem Land", sagte der Papst. "Diese Vergehen, die einen so schweren Vertrauensbruch darstellen, verdienen eine eindeutige Verurteilung." Am Rande des Weltjugendtags traf er auch mit Vertretern anderer christlicher Glaubensrichtungen zusammen.
Vor seiner Abreise bedankte sich Benedikt XVI. auf dem Vorplatz der Kathedrale von Sydney bei einer großen Gruppe von 8.000 ehrenamtlichen Helfern des Weltjugendtages. Ohne sie wäre das Großereignis nicht durchführbar gewesen, betonte das Kirchenoberhaupt. Das Treffen von mehr als 200.000 Pilgern aus 170 Ländern war am Sonntag mit dem größten Gottesdienst in der Geschichte Australiens zu Ende gegangen.
Papst Benedikt XVI. setzte vor seiner Abreise aus Austalien ein Zeichen der Versöhnung: Am Montagmorgen, dem 22. Juli, traf der Pontifex mit einer Gruppe von Opfern sexuellen Missbrauchs durch Priester zusammen. Vier betroffene Personen hätten an der Frühmesse des Papstes in der Kapelle des Cathedral Houses von Sydney teilgenommen, teilte Vatikansprecher Federico Lombardi mit. Das Verfahren sorgte jedoch für Kritik. Es handelte sich um zwei Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, die von ihren Betreuern und einem Priester begleitet waren. Am Ende der Messe sprach der Papst einige Minuten mit jedem einzelnen und richtete Worte der Anteilnahme und der Unterstützung an sie.
Ministerpräsident Kevin Rudd, der zur Verabschiedung auf den Flughafen von Sydney gekommen war, sagte zum Papst: "In diesen Tagen sind sie praktisch einer von uns geworden."
- Besuch in Frankreich (12. - 15.09.2008) -
Vom 12. bis 15. September 2008 besuchte Papst Benedikt XVI. Frankreich. Kritik und Misstrauen erwartteen den Papst ihn im Vorfeld und wegen der strikten Trennung zwischen Kirche und Staat wurde auch moniert, daß der Aufenthalt von Benedikt XVI. in der Hauptstadt Paris und der Wallfahrtsstätte Lourdes aus Steuergeldern bezahlt wurde. Hinzu kam, daß sich zwar 80 Prozent der 61 Mio. Franzosen zum katholischen Glauben, lediglich 14 Prozent üben ihn aber auch aus. Viele Menschen erreicht die Kirche auch deshalb nicht mehr, da es immer weniger Anwärter auf das Priesteramt gibt, und die verbliebenen gerade auf dem Land nicht selten für zehn und mehr Pfarreien zuständig sind.
Mit 22 Terminen und elf Ansprachen in dreieinhalb Tagen versuchte Benedikt XVI. deshalb, Brücken zu schlagen zu politischen Amtsträgern, der geistigen Elite und der Gemeinde der Gläubigen. Nach seinem Empfang am Flughafen durch Präsident Nicolas Sarkozy und Premierminister François Fillon traf er den Staatschef und dessen Frau Carla Bruni-Sarkozy im Elysée-Palast. Kurz vor der Landung sagte er, daß "Christliche Werte grundlegend für das Überleben unserer Nationen und Gesellschaften" sind.
Als zweiter Papst nach Johannes Paul II. besuchte Benedikt von Samstag bis Montag den Wallfahrtsort Lourdes in den Pyrenäen besuchen, um das 150. Jubiläum der Marienerscheinungen von Bernadette Soubirous zu feiern. Am Samstagabend betete Benedikt XVI. in der Erscheinungsgrotte von Lourdes. Zudem besuchte er zwei weitere Stationen eines Bernadette-Pilgerwegs: die Taufkirche der Heiligen und das Wohnhaus der Familie Soubirous. Später am Abend beschloß der Papst die traditionelle Lichterprozession vor der Wallfahrtsbasilika.
Am Sonntag gab es vor 250.000 Gläubikgen eine Messe unter freiem Himmel, in der Papst in seiner auf Französisch gehaltenen Predigt sagte: "Wer sich Gott zuwendet, findet sich selbst". Einige der französischen Bischöfen, mit denen sich der Papst traf, fürchten, daß allzu großer Nachdruck für eine bedeutendere Rolle der Kirche ihr eher schaden als nützen könne. Die Trennung von Kirche und Staat wird nämlich längst nicht mehr so strikt gehandhabt wie 1905, als sie in der französischen Verfassung verankert wurde. So besuchen beispielsweise 20 Prozent der jungen Franzosen staatlich subventionierte katholische Privatschulen. Zudem schätzen konservative Kreise die Katholische Kirche als Bollwerk gegen den Islam – die Religion der meisten Einwanderer. Allerdings kritisiert die Kirche auch die restriktive Einwanderungspolitik Sarkozys, Bestrebungen zu einer Vereinfachung von Scheidungen und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich.
Vor seiner Rückreise nach Rom hielt Papst Benedikt XVI. montags noch eine Messe speziell für die Kranken, die in der Hoffnung auf Heilung oder zumindest Linderung nach Lourdes pilgern. Insgesamt gelang es dem Papst, die doch zuvor eher spkeptischen Franzosen mit seiner weltoffenen Art für sich zu gewinnen.
- Reise nach Afrika 2009 -
Am 17.03.2009 traf Papst Benedikt XVI. in Kamerun ein. Die Reise des Pontifex war von politischen Fragen bestimmt, denn es ging nicht nur um Aids, sondern auch um die grassierende Korruption auf dem Kontinent. Papst Benedikt XVI. hatte zu Beginn seiner Reise die Deutungshoheit in SAchen Aids übernommen: "Man kann das Aids-Problem nicht durch die Verteilung von Kondomen regeln. Ihre Benutzung verschlimmert vielmehr das Problem", sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und stellte sich so in den theologischen Kontext der 40 Jahre alten Enzyklika "Humanae vitae". Die Aussage Benedikts zur Empfängnisverhütung leitete den Besuch eines Kontinents ein, auf dem 22 Mio. Menschen mit HIV infiziert sind. Am 19.03. kamen Zehntausende Gläubige in Kameruns Hauptstadt Jaunde zu einer Messe von Papst Benedikt XVI. unter freiem Himmel zusammen, bei der der Papst die Menschen vor falschen Idealen und selbstsüchtigen Trugbildern warnte. Insbesondere Eltern rief er zu besonderer Verantwortung auf. In einer Zeit, in der so viele Menschen keine Skrupel hätten, eine Tyrannei des Materialismus durchzusetzen und sich kaum um die am meisten Benachteiligten sorgten, müßten Eltern besonders wachsam sein. Es gelte, ihren Kindern menschliche und geistige Werte weiterzugeben. Väter mahnte er ausdrücklich, ihren Frauen mit Liebe und Respekt zu begegnen. Anlaß des Gottesdienstes war die Veröffentlichung des Arbeitspapiers der Afrika-Synode, die im Oktober im Vatikan stattfinden sollte. Sie trägt den Titel "Die Kirche in Afrika im Dienst der Versöhnung, der Gerechtigkeit und des Friedens". Die Vorstellung des Arbeitspapiers ist der eigentliche Anlaß der elften Auslandsreise des Papstes. Der Papst sagte, daß vielerorts eine Landflucht zu beobachten sie, die man aus anderen Perioden der menschlichen Geschichte kenne. Menschen verließen wegen der Verstädterung ihre Heimat und entfernten sich damit oft auch von sich selbst. Entwurzelte und verletzliche Mitglieder jüngerer Generationen hätten oft kein Einkommen und versuchten, ihren Schmerz über ein Leben in flüchtigen und von Menschen gemachten Paradiesen zu lindern. Das führe aber niemals zu tiefem Glück. Die Kirche und der Glauben, so der Papst, könnten den Menschen dagegen Hoffnung geben, sie gegenüber Mutlosigkeit, Angst, Frust und Hass stärken.
Danach reist Benedikt nach Angola weiter. Benedikt XVI. hatte am 20.03.2009 in einer Rede vor dem Diplomatischen Corps in Angolas Hauptstadt Luanda gesagt, es sei eine bittere Ironie, wenn Abtreibung unter dem Stichwort von Gesundheitsfürsorge für Mütter gefördert werde. Er verwies dabei auf das Maputo-Protokoll, das unter Frauenrechten auch ein Recht auf Abtreibung unter bestimmten Bedingungen aufführt. Wenige Stunden vor einer Ansprache des Papstes kam es in einem Stadion der Hauptstadt Luanda zu einer Massenpanik unter den Besuchern. Zwei Mädchen wurden dabei zu Tode getrampelt und 40 Menschen verletzt. In einem Freiluft-Gottesdienst am Rande der Hauptstadt Luanda brachte der Papst am Sonntag, den 22.30., seine "tiefe Trauer" über den Tod der zwei Jugendlichen zum Ausdruck. Benedikt XVI. bekundete den Familien und Freunden der Opfer sein Mitgefühl und seine Solidarität. Er bete für die Verletzten und drücke den Familien und Freunden der Toten sein Mitgefühl aus, sagte der Papst vor hundertausenden Gläubigen. Den Verletzten wünschte er rasche Genesung. Am 23.04. kehrte der Papst nach Rom zurück.
- Reise in den Nahen Osten 2009 -
In der Zeit vom 08. bis 17. Mai 2009 besuchte Papost Benedikt XVI. den Nahen Osten. Stationen waren Jordanien, Israel und Palästina. Zum Auftakt seiner Nahost-Reise besuchte Papst Benedikt XVI. zunächst Jordanien und wurde von König Abdullah I. und Königin Rania begrüßt. Am zweiten Tag seiner Nahost-Reise hat Papst Benedikt XVI. in Jordanien den biblischen Berg Nebo besucht. Er äußerte die Hoffnung, "alle Hindernisse zu einer Aussöhnung zwischen Christen und Juden in gegenseitigem Respekt und in Zusammenarbeit" zu überwinden. Auf dem 808 Meter hohen Gipfel betete er. In Amman besuchte Benedikt XVI. die König-Hussein-Moschee, die größte und neueste Moschee in der Region. Begleitet wurde er von Prinz Ghazi bin Mohammed. Während einer Messe im Stadion rief der Papst die Christen im Nahen Osten aufgerufen, an ihrem Glauben festzuhalten. Die Katholiken in der Region sollten Brücken bauen zu anderen Religionen und Kulturen. "Benedetto benvenuto" skandierten die Gläubigen, als Benedikt XVI. im Papamobil über die Tartanbahn des Stadions fuhr. "Salam aleikum" ("Friede sei mit euch"), grüßte der Papst die Gemeinde. Die Kirche müsse in Jordanien, einem Land mit alter christlicher Tradition, Präsenz zeigen, sagte Benedikt. Trotz der politischen Schwierigkeiten müsse die Kirche Beiträge zu einer "Kultur wahrer Menschlichkeit" leisten, indem sie Mut zum Dialog habe. Mit Nachdruck würdigte der Papst die Rolle der Frauen als Friedensstifterinnen. Nachmittags besuchte der Papst die Taufstelle Jesu am Jordan.
Zum Auftakt seines mit Spannung erwarteten Israel-Besuchs hat Papst Benedikt XVI. zum Kampf gegen Antisemitismus aufgerufen und an die "entsetzliche Tragödie" des Holocaust erinnert. In einer bewegenden Ansprache in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem erteilte er der Leugnung der Ermordung von sechs Millionen Juden in der NS-Zeit eine klare Absage: "Möge ihr Leiden nie geleugnet, verharmlost oder vergessen werden!" Der Besuch in Yad Vashem war der erste Programmpunkt des Papsts in Jerusalem. Er wurde bei der Ankunft von Staatspräsident Shimon Peres empfangen. Weitere Stationen seiner Reise waren in den nächsten Tagen Nazareth und Bethlehem, wo er auch mit Palästinenser-Führern zusammentraf.
- Besuch in Tschechien (26. - 28.09.2009) -
Zum Auftakt seines dreitägigen Besuchs in Tschechien erinnerte Papst Benedikt XVI. an den Sturz der kommunistischen Herrschaft vor 20 Jahren erinnert. Bei einer Begrüßungszeremonie auf dem Flughafen in Prag beklagte er die Verfolgung von Christen unter den Kommunisten und rief die Tschechen auf, sich auf die christlichen Wurzeln des Landes zurückzubesinnen. Den Fall der Berliner Mauer würdigte er als "Wendepunkt in der Weltgeschichte". Nach der Begrüßungszeremonie durch Kardinal Miloslav Vlk traf Benedikt am Nachmittag mit Staatspräsident Vaclav Klaus und anderen Politikern zusammen, darunter auch das frühere Staatsoberhaupt Vaclav Havel.
Anders als bei früheren Auslandsreisen fiel der Empfang für das Kirchenoberhaupt in Tschechien verhalten aus. Es gab keine jubelnden Massen oder große Plakate, die den Papst willkommen hießen. In dem Land bezeichnen sich 68 Prozent der Bevölkerung als Atheisten.
Bei EINER großen Messfeier anlä?lich der Nationalwallfahrt zum Heiligen Wenzel, dem Schutzpatron der böhmischen Länder, rief Benedikt XVI. die Bevölkerung zum Streben nach Heiligkeit auf. "Es reicht nicht, einen guten und ehrlichen Eindruck zu machen, man muss es wirklich sein", sagte der Papst in seiner auf Italienisch gehaltenen Predigt. Das Kirchenoberhaupt richtete eine Botschaft an die Jugendlichen und warnte sie vor den Verlockungen der Konsumgesellschaft. Der wahre Wert des Lebens werde nicht nur in irdischen Gütern und vergänglichen Interessen gemessen: "Denn es sind nicht die materiellen Dinge, die den tiefen Durst nach Sinn und Glück stillen, den es im Herzen eines jeden Menschen gibt."
Am Sonntag feierte derPapst einen Freiluftgottesdienst mit rund 120 000 Menschen in Brno (Brünn) und sprach mit Repräsentanten anderer Kirchen und zu Vertretern der akademischen Welt. Am Montagnachmittag kehrte er nach einem Mittagessen mit tschechischen Bischöfen in Prag nach Rom zurück.
- Besuch in Portugal (11.05.2010 - 14.05.2010) -
Vor einer halben Million Gläubigen feierte Papst Benedikt XVI. im portugiesischen Wallfahrtsort Fatima am Himmelfahrtstag eine Messe. Er sei nach Fatima gekommen, um für "unsere von Not und Leid heimgesuchte Menschheit zu beten", sagte der Papst. Bei seiner Ankunft segnete das Oberhaupt der katholischen Kirche zwei Babys, die ihm durch das offene Fenster seines Papamobils gereicht wurden. Danach winkte er der versammelten Menge während seiner Fahrt rund um den Platz vor dem Marienheiligtum von Fatima zu und löste damit Jubelstürme aus.
Bereits Stunden vor dem Eintreffen des Oberhaupts der katholischen Kirche hatte sich der Platz mit rund 300.000 Menschen gefüllt. Da die Gläubigen vor dem Marienheiligtum keinen Platz mehr fanden, versammelten sich in der Umgebung weitere 200.000 Menschen. An der Messe, die Benedikts Vorgänger Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 in Fatima gehalten hatte, hatten 400.000 Menschen teilgenommen.
Um an der Freiluft-Messe in Fatima teilzunehmen, hatten tausende Gläubige dort die Nacht trotz Regens und niedriger Temperaturen in Zelten oder unter freiem Himmel verbracht. In Portugal sind 90 Prozent der Bevölkerung katholisch.
Der viertägige Papst-Besuch in Portugal ging freitags nach Himmelfahrt zu Ende. Anlaß der Reise ist der zehnte Jahrestag der Seligsprechung von zwei Hirtenkindern, denen 1917 in Fatima die Jungfrau Maria erschienen sein soll. Der Ort nördlich von Lissabon ist seither zu einem der wichtigsten Wallfahrtsorte der Katholiken geworden und zieht jedes Jahr mehrere Millionen Besucher an.
- Besuch in Zypern (04. - 06.06.2010) -
Im Juni 2010 war der Papst in Zypern.Er forderte dort zur Aussöhung mit Orthodoxen auf. Ein Besuch im türkischen Norden war nicht geplant! Im Kirchenpapier zum Abschluß des Zypern-Besuchs von Papst Benedikt XVI. beklagte der Vatikan mangelnde internationale Unterstützung für Christen im Nahen Osten. Kriege, Feindseligkeiten und wirtschaftlicher Niedergang hätten in den vergangenen Jahren zum Exodus tausender Christen aus dem Nahen Osten geführt. Außerdem fühlten sich Christen durch eine vom Aufstieg des "politischen Islams" ausgelöste "extremistische Strömung" zunehmend bedroht. Das Papier diente als Arbeitsgrundlage für einen Krisengipfel der Bischöfe aus dem Nahen Osten im Oktober in Rom. Viele von ihnen waren nach Zypern gekommen, um den Papst zu sehen und das Arbeitspapier entgegenzunehmen.
Benedikt sagte am Sonntag bei seiner abschließenden Messe in einem Sportstadion in Nikosia, er bete dafür, daß das Treffen im Herbst die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf das Schicksal jener Christen im Nahen Osten lenken werde, die wegen ihres Glaubens leiden müßten. Bereits am Samstag hatte das römisch-katholische Kirchenoberhaupt bei einem Treffen mit dem orthodoxen Erzbischof Chrysostomos II. erklärt, die Konflikte in der unruhigen Region müßten "eine Quelle der Besorgnis für alle Nachfolger Christi" sein. "Niemand kann gleichgültig bleiben, wenn es darum geht, den Christen in der unruhigen Region beizustehen und dafür zu sorgen, daß die dortigen Gemeinden in Frieden leben und aufblühen können."
Auf seiner dreitägigen Reise wandelte der Papst auf einem schwierigen diplomatischen Pfad. Kurz nach seiner Ankunft auf Zypern hatte Chrysostomos II. harsche Kritik an der Regierung des türkischen Teils der Insel geäußert. Er sprach von ethnischer Säuberung und unterstellte den türkischen Zyprern, die komplette Insel in ihre Hand bringen zu wollen. Benedikt ging nicht direkt auf die politischen Auseinandersetzungen ein, sondern forderte lediglich eine "gerechte Beilegung" der strittigen Fragen.
- Besuch in Schottland (16. - 19.09.2010) -
Die Schottland-Reise war der erste offizielle Staatsbesuch eines Oberhaupts der katholischen Kirche im Vereinigten Königreich seit fast 500 Jahren, denn anders als bei der letzten Papstvisite durch Johannes Paul II. 1982 war der Besuch nicht als Pastoralreise, sondern als Staatsbesuch deklariert. Papst Benedikt XVI. landete am Donnerstagvormittag auf dem Flughafen der schottischen Stadt Edingburgh, wo eine Ehrengarde des königlichen schottischen Regiments sowie Prinz Philip, der Ehemann von Königin Elizabeth II., ihn empfingen. Überschattet wurde der Besuch von einem Faux-Pas des deutschen Kurienkardinals Walter Kasper , der Großbritannien als Land der Dritten Welt bezeichnet. Er sprach von einem "aggressiven Atheismus" in dem Land sprach. Nach der Begrüßung auf dem Flughafen wurde er in Edinburgh von der Königin empfangen. Dabei hob der Papst die gemeinsamen christlichen Wurzeln von Katholiken und Anglikanern hervor. Er erinnerte auch an den Widerstand des Landes gegen den Nationalsozialismus. Großbritannien habe sich "der Nazi-Tyrannei entgegengestellt, die Gott aus der Gesellschaft entfernen wollte und Vielen das allgemeine Menschsein absprach, besonders den Juden", sagte Benedikt XVI.
Am Nachmittag feierte Benedikt XVI. den ersten Gottesdienst seiner Großbritannien-Reise mit rund 65.000 Gläubigen im Glasgower Bellahouston Park. Er beklagte, daß "Religion" als Gefahr für die Freiheit und Gleichheit der Bürger dargestellt würde. Tatsächlich sei sie jedoch eine "Garantie für echte Freiheit und Achtung", so der Papst. Er rief die schottischen Katholiken auf, für ihren Glauben auch in der Öffentlichkeit einzutreten. Besonders in einer Zeit, in der eine "Diktatur des Relativismus" die unveränderliche Wahrheit über die menschliche Natur zu verdunkeln drohe, sei ein solches Engagement nötig.
am Freitagmorgen kam der Papst zu Gesprächen mit dem britischen Premierminister David Cameron, seinem Stellvertreter Nick Clegg und Oppositionsführerin Harriet Harman zusammen. Tags zuvor waren einige Verdächtige festgenommen worden, die in Gewahrsam blieben, obwohl ihnen kein möglicher Anschlag nachzuweisen war. Es gab auch eine Papstmesse in Londoner Westminster-Kathedrale, wo der Papst sagte, er empfinde tiefe Schande und Demütigung über die Mißbrauchsfälle in der katholischen Krich. Die Mißbrauchsfälle überschatteten auch die 17. Auslandsreise des Papstes. Reportern gegenüber räumte er ein, daß die Kirche es versäumt habe, schnell und entschieden genug auf die Vorwürfe zu reagieren, um weitere Missbrauchsfälle zu verhindern. Opferverbände führen dagegen an, dies seien alles nur leere Worte. "Wir brauchen keinen Papst, der traurig über Verbrechen ist. Wir brauchen einen, der sie verhindert", sagte Peter Isely, Gründer eines amerikanischen Netzwerkes von kirchlichen Mißbrauchsopfern.
Am Samstagmittag hatten sich Papstgegner am Londoner Hyde Park Corner zu einer Großdemonstration versammelt. Angeführt von der laizistischen Gruppe "Protest the Pope" marschierten die Papstgegner am Samstag ab 14.30 Uhr deutscher Zeit vom Hyde Park zum Regierungssitz in der Downing Street, wo es gegen 16.30 Uhr eine Kundgebung gab.
Im Mittelpunkt von Benedikts Reise stand die Seligsprechung des von der anglikanischen Kirche zum Katholizismus konvertierten Kardinals John Henry Newman, der im 19. Jh. in Großbritannien wirkte. Zu der Messe am Sonntag kamen lt. Organisatoren rund 55.000 Besucher, wobei man ursprünglich von 80.000 ausgegangen war.
- Besuch in Sizilien (03.10.2010) -
Bei seinem Sizilien-Besuch am 03.10.2010 rief Papst Benedikt XVI. die Bevölkerung zum Kampf gegen die Mafia auf. Vor Jugendlichen sagte er, sich mit der Mafia einzulassen sei "unvereinbar mit dem Evangelium". Zugleich würdigte er den von der Mafia ermordeten Priester Giuseppe "Pino" Puglisi als Vorbild. Die eintägige Pastoralvisite des Papstes ging am frühen Abend mit einem Treffen mit Jugendlichen in der Innenstadt von Palermo zu Ende. "Wir müssen uns schämen für das Schlechte, das der zivilen und religiösen Gemeinschaft durch Handlungen angetan wird, die lieber nicht ans Tageslicht kommen wollen", sagte Benedikt XVI. während einer Messe mit mehr als 200.000 Menschen. Diese Taten seien eine Beleidigung Gottes und des Menschen. Zugleich ermutigte der Papst die Gläubigen, sich nicht durch die organisierte Kriminalität, Arbeitslosigkeit und Zukunftsängste einschüchtern zu lassen. Der Glaube könne die Kraft geben, die Angst zu überwinden und mit Mut und Zuversicht die Zukunft Siziliens zu gestalten. Als Vorbild nannte Benedikt XVI. den 1993 in Palermo ermordeten Priester Puglisi. Das Kirchenoberhaupt erinnerte auch an die große Vergangenheit der süditalienischen Insel. Sizilien sei eine der ersten italienischen Regionen, in denen sich das Christentum ausgebreitet habe, sagte der Papst. Zudem würdigte er den hohen Stellenwert, den die Familie auf der Insel genieße. Die Messe auf der Strandpromenade der sizilianischen Hauptstadt war der Höhepunkt der Pastoralreise.
- Besuch in Spanien (06. - 07.10.2010) -
Papst Benedikt XVI. rief zum Auftakt seiner Spanien-Reise die Völker Europas zur Achtung und Bewahrung des christlichen Menschenbildes auf. Dazu gehörten der Einsatz für echte Freiheit und für Gerechtigkeit, insbesondere für die Ärmsten und Einsamen, sagte das Kirchenoberhaupt am Samstag, dem 06.11.2010 in seiner Begrüßungsrede auf dem Flughafen der Pilgerstadt Santiago de Compostela. Zuvor hatte der spanische Thronfolger, Prinz Felipe, der mit Prinzessin Letizia zum Flughafen gekommen war, Benedikt XVI. zu seinem zweiten Spanien-Besuch herzlich willkommen geheißen. Zur Begrüßung des Papstes hatten sich bei nebeligem, herbstlichem Wetter mehrere hundert Menschen auf dem Flughafen eingefunden, die den Papst mit "Benedetto"-Rufen begrüßten. Er komme als Pilger zum Internationalen Jakobus-Jahr und als Botschafter und Zeuge des Evangeliums, unterstrich Benedikt XVI. in seiner Begrüßungsrede. In Santiago wolle er sich in die Schar der Pilger einreihen, die aus allen Teilen Europas und der Welt zum Jakobus-Heiligtum wallfahrteten. Wie diese wolle er sich vom Glauben und vom Zeugnis des Apostels verwandeln lassen. Die Jakobus-Wallfahrt habe einen Pilgerweg der Kultur, des Gebets, des Mitleids und der Bekehrung durch Spanien und Europa geschaffen. Entlang des Wegs seien Kirchen, Krankenhäuser, Pilgerunterkünfte, Brücken und Klöstern entstanden, durch die Spanien und der Kontinent insgesamt ihre geistige christliche Prägung erhalten hätten.
Bereits bei seiner "Fliegenden Pressekonferenz" hatte Benedikt XVI. betont, wie sehr die Jakobswege durch Europa nach Santiago de Compostela zur christlichen "Identität" des Kontinents beitragen hätten. Die Jakobswege seien Grundlage für die Forderung der geistigen Einheit des europäischen Kontinents. Heute gebe es eine Renaissance dieser Bewegung; sie müsse aber weiterhin eine geistige Pilgerbewegung sein, unterstrich er. Sie müsse Menschen zusammenführen und so zu Ruhe, Freiheit, Erneuerung und Gottsuche beitragen. Der spanische Thronfolger betonte, daß Benedikt XVI. mit seinen Reisen nach Spanien eine besondere Zuneigung zu dem Land zeige. Das sei für das spanische Volk und für das Königshaus eine Geste von großem Wert. Den Jakobsweg, den er selbst bereits pilgernd zurückgelegt habe, bezeichnete der Prinz als "erstes gemeinsames Projekt Europas". Vor allem Papst Johannes Paul II. (1978-2005) habe durch seine Besuche in Santiago zur weltweiten Wiederbelebung dieses Pilgerns beigetragen. Mit seiner Reise wolle er dem Glauben der Menschen des Landes neue Kraft geben, hob der Papst hervor. Von diesem Glauben sei auch der geniale Architekt Antoni Gaudi (1852-1926) geprägt gewesen, dessen Kirche Sagrada Familia er am Sonntag in Barcelona weihen werde.
Nach der offiziellen Begrüßungszeremonie zog sich Benedikt XVI. zunächst zu einer privaten Begegnung mit dem Prinzenpaar in einen Empfangsraum des Flughafens zurück. Vom Flughafen aus begab sich Benedikt XVI. im gläsernen Papamobil auf die zehn Kilometer lange Strecke zur Kathedrale von Santiago.
Am Sonntag weihte der Papst die weltberühmte, vom Architekten Antoni Gaudi (1852-1926) entworfene Kirche der Sagrada Familia (Heilige Familie) in Barcelona. Bei einem Festgottesdienst konsekrierte er den Altar und erhob das Gotteshaus in den Rang einer Basilika, nachdem mit Vatikan-Flaggen, Gesängen und Sprechchören Tausende Spanier Papst Benedikt XVI. auf seinem Weg zur Sagrada Familia in Barcelona begeistert empfangen hatten. Zu der Messe zur Kirchenweihe, nahmen als Ehrengäste neben König Juan Carlos I. und Königin Sofia unter anderen der sozialistische Präsident Kataloniens, Jose Montilla, Parlamentspräsident Jose Bono sowie der Bürgermeister von Barcelona, Jordi Hereu, teil. In der Umgebung der Kirche waren rd. 36.000 Stühle und 31 große Übertragungsleinwände aufgebaut worden und die Messe und Weihe der Sagrada Familia wurde durch das staatliche katalanische Fernsehen TV3 mit 60 Kameras live übertragen. Mit Nachdruck rief Benedikt XVI. zur Verteidigung und zur Unterstützung für Ehe und Familie sowie zum Lebensschutz auf. Die Kirche widersetze sich "jeder Form der Ablehnung des menschlichen Lebens" und unterstütze alles, "was die natürliche Ordnung der Institution Familie fördert", sagte der Papst in seiner Predigt. Die unauflösbare Verbindung von Mann und Frau sei Grundlage des menschlichen Lebens: "Nur dort, wo Liebe und Treue vorhanden sind, entsteht die wahre Freiheit und dauert sie fort." Vor dem Weihegottesdienst war Benedikt XVI. am Morgen in Barcelona mit König Juan Carlos und Königin Sofia zusammengetroffen.
- Besuch in Kroatien (04. - 05.06.2011) -
Der künftige EU-Beitritt Kroatiens bestimmte auch den Auftakt des zweitägigen Papstbesuches in Zagreb. Bei seiner Ankunft am Flughafen der Hauptstadt beschwor Benedikt XVI. am Samstag das gemeinsame menschliche und christliche Erbe Europas. 20 Jahre nach Erreichen seiner staatlichen Unabhängigkeit und am Vorabend der vollen Aufnahme in die EU müsse Kroatien seine geistigen und moralischen Werte neu festigen und beleben. Auf dem Flughafen wurde das Kirchenoberhaupt von Präsident Ivo Josipovic und den Bischöfen des Landes begrüßt. Ein EU-Beitritt Kroatiens ist nach den Worten von Benedikt XVI. "logisch, richtig und notwendig". Kroatien habe kulturell seit jeher zu Mitteleuropa gehört und sei ein "zutiefst europäisches Volk", so der Papst auf dem Flug nach Zagreb vor Journalisten. Durch den EU-Beitritt komme es dahin, wo es historisch und kulturell schon immer gewesen sei.
Präsident Ivo Josipovic würdigte zur Begrüßung die wichtige Rolle des Heiligen Stuhls für die völkerrechtliche Anerkennung seines Landes. Der Vatikan habe damals eine "historische Schlüsselrolle" gespielt, sagte Josipovic am Flughafen von Zagreb. Der Heilige Stuhl war Mitte Januar 1992 nach Deutschland eine der ersten diplomatischen Instanzen, die Kroatien nach dessen Unabhängigkeitserklärung vom Juni 1991 anerkannten. Zugleich hob der Präsident hervor, daß sein Land eine Versöhnung mit seinen Nachbarn anstrebe. Benedikt XVI. äußerte Verständnis für eine gewisse Skepsis der Kroaten gegenüber einem EU-Beitritt. Wenn ein kleines Land in die EU eintrete, sei es verständlich, dass es unter Umständen Angst vor einem Zentralismus und Bürokratismus sowie einer "rationalistischen Kultur" gebe, die der Geschichte des Landes nicht hinreichend Rechnung trage. Der Beitritt Kroatiens könne die EU durch sein reiches kulturelles und religiöses Erbe bereichern.
Mit seinen Reiseplänen stieß der Papst bei Überlebenden der Judenvernichtung auf Unverständnis. Opfer-Vertreter bedauerten den Besuch am Grab des umstrittenen kroatischen Kardinals Alojzije Stepinac, der angeblich ein fanatischer Anhänger der kroatischen Faschisten war. Zu einer Massenpredigt in Zagreb kamen 400.000 Gläubige. Sie seien ebenso enttäuscht wie alle Opfer des mit den Nazis im Zweiten Weltkrieg verbündeten kroatischen Ustascha-Regimes, daß der Papst den Kardinal ehren wolle, erklärte die Amerikanische Versammlung der Holocaust-Überlebenden und ihrer Nachkommen.
Am Sonntagnachmittag seines zweitägigen Aufenthaltes fand dann der umstrittene Grabbesuch statt. Stepinac war der vom Vorgänger Johannes Paul II. selig gesprochen worden. Historiker werfen Stepinac vor, als kroatisches Kirchenoberhaupt während des Zweiten Weltkriegs zur Verfolgung der Juden und Serben durch die Ustascha geschwiegen zu haben. Benedikt nannte Stepinac vor seiner Reise einen Verteidiger "des wahren Humanismus". Samstags sagte er, der Kardinal habe seine Stimme in "zwei verschiedenen Kämpfen gegen den damaligen Zeitgeist" erhoben. Die Holocaust-Überlebenden lobten ausdrücklich Benedikts Verurteilung der Ustascha. Doch liege er "falsch damit, einen ihrer führenden Fürsprecher zu ehren."
- 24. Weltjugendtag in Madrid (18. - 21.08.2011) -
Vom 18. bis 21. August 2011 fand in Madrid der 24. Weltjugendtag statt, an dem auch Benedikt XVI. teilnahm. Er wurde auf dem Flugplatz von König Juan Carlos von Spanien und dessen Gemahlin Sophiasowie vom Erzbischof von Madrid, Kardinal Antonio Maria Rouco Varela, nach der Landung kurz vor 12 Uhr begrüßt. Am Rollfeld fanden sich neben Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero und weiteren Politikern auch etwa 30 spanische Kardinäle und Bischöfe sowie mehrere Hundert Gläubige ein. Bei einer Rede rief der Papst auch zu einer Wirtschaftspolitik im Sinne des Menschen auf. Mit deutlichen politischen Mahnungen hatte also Papst Benedikt XVI. seinen Spanienbesuch zum Weltjugendtag begonnen. Am Donnerstagmittag beklagte er die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die große Zahl drogenabhängiger Jugendlicher und eine wachsende Intoleranz gegenüber Christen. In vielen Ländern gebe es Spannungen und offene Auseinandersetzungen bis hin zu blutigen Konflikten. Demgegenüber betonte er mit Blick auf Spanien, die Katholiken seien als "aufrechte, solidarische und gütige Menschen" ein Schatz, den zu pflegen sich für Staat und Gesellschaft lohne.
Anschließend machte er sich im Papamobil auf den Weg ins Zentrum der spanischen Hauptstadt. Benedikt XVI. sagte bei einer Ansprache vor der spanischen Staats- und Kirchenspitze, er sei gekommen, um die Teilnehmer am Weltjugendtag zu ermutigen, sich ihres Glaubens nicht zu schämen und um ihnen einen Anstoß für ihre Aufgabe zu geben. Es gehe um ein mutiges Zeugnis "in einem Klima des respektvollen Miteinanders gegenüber anderen legitimen Überzeugungen". Für den Abend war eine Zeremonie auf der zentralen Plaza de Cibeles geplant, zu der zahlreiche Gläubige erwartet wurden.
Der Papst-Besuch wurde von gewaltsamen Ausschreitungen überschattet. Bei Auseinandersetzungen zwischen Papst-Gegnern und der Polizei wurden elf Menschen verletzt. Nach Polizeiangaben hatten sich rund 4000 Demonstranten unter einem Spruchband mit der Aufschrift "Von meinen Steuern keinen Cent für den Papst" versammelt und waren dann zum Platz Puerta del Sol gezogen.
Mit einem Kreuzweg in der Innenstadt von Madrid wurde am Freitagabend der Weltjugendtag fortgesetzt. Gemeinsam mit mehreren Hunderttausend jungen Christen beging Papst Benedikt XVI. den Gottesdienst. Dazu waren 14 historische Figurengruppen aus verschiedenen Regionen Spaniens zwischen der Plaza de Colon und der Plaza de Cibeles aufgestellt. Die Barockstatuen verweisen auf die Tradition der Passionsumzüge spanischer Bruderschaften während der Karwoche. Verschiedene Gruppen junger Menschen trugen das 1984 von Johannes Paul II. geschenkte "Kreuz der Jugend" auf dem knapp einen Kilometer langen Weg. Der Kreuzweg behandelt aktuelle Situationen des Leidens in der Welt. Im Gebet gedachten die Jugendlichen solcher Probleme wie Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung, Drogen und Aids, aber auch des Hungers und der Naturkatastrophen in einigen Teilen der Welt. An der ersten Station trugen Jugendliche aus dem Heiligen Land das Kreuz und baten um Gebet für die Konfliktgebiete. Auch junge Menschen aus Ländern, in denen Christen diskriminiert oder verfolgt werden, waren an der Prozession beteiligt. Begleitet wurde die Zeremonie von meditativer Taize-Musik. Anders als beim Willkommensfest für den Papst am Vorabend verfolgten die Jugendlichen zwischen den beiden Plätzen das Ereignis ruhig und konzentriert. Gegen Ende der Veranstaltung wandte sich der Papst mit einer geistlichen Ansprache an die Jugend. Zum Abschluß war ein gemeinsames Gebet an der 15. Station, einer Marienstatue aus Sevilla, geplant. Das Ereignis wurde von zahlreichen TV-Sendern weltweit übertragen und war auf der offiziellen Weltjugendtags-Seite sowie auf den Nachrichtenportalen des Vatikan im Live-Stream zu sehen.
Am 3. Tag des Weltjugendtages in Madrid bekannte sich der Papst ausdrücklich zum Zölibat für Priester. Bei einer gregorianischen Messe am Samstagvormittag rief er die künftigen Geistlichen auf, Zeugen Gottes und "bedingungslose Verteidiger" der Menschenwürde zu sein. "Laßt Euch nicht von einer Umgebung einschüchtern, in der man Gott ausschließen will", sagte der Papst. Zu dem Gottesdienst in der Almudena-Kathedrale waren mehrere Tausend Seminaristen gekommen. Dabei rief er die Priesteramtskandidaten zu einer tiefen und gründlichen Vorbereitung auf ihr Amt auf, zu dem auch der "Zölibat um des Himmelreiches willen" gehöre. "Wir müssen heiligmäßig sein, um nicht einen Widerspruch zu erzeugen zwischen dem Zeichen, das wir sind, und der Wirklichkeit, die wir zum Ausdruck bringen wollen".
Am Morgen hatte Benedikt XVI. kurzzeitig die Rolle eines Beichtvaters eingenommen. Im Park El Retiro, wo seit Beginn des Katholikentreffens ein "Fest der Vergebung" stattfindet, nahm der 84-Jährige in einem der futuristisch gestalteten 200 Beichtstühle Platz, hörte die Sünden von vier Jugendlichen und spendete ihnen das Bußsakrament. Um die Identität der Beichtenden zu schützen, wurde der Ort der Beichte so gewählt, dass er für Medienvertreter nicht einsehbar war. Am Abend begann auf dem auf dem Flughafengelände "Cuatro Vientos" die Schlu0veranstaltung des Weltjugendtags. wo schon seit dem Morgen ca. 470.000 Teilnehmer und spontane Besucher zu dem rund zehn Kilometer südwestlich vom Stadtzentrum gelegenen Freigelände zogen. Am Nachmittag gab es noch ein religiöses Animationsprogramm mit Musik und persönlichen Glaubensbekenntnissen von Jugendlichen. Benedikt XVI. wurde um 20.30 Uhr erwartet.
Zum Abschluß des Weltjugendtags in Madrid hatte Papst Benedikt XVI. am Sonntag vor 1,5 Mio. Gläubigen eine Messe gefeiert. In seiner Predigt auf der Luftwaffenbasis Cuatro Vientos bei Madrid rief der Papst die Jugendlichen auf, ihren Glauben im Rahmen der Kirche zu leben. Hunderttausende hatten die Nacht unter freiem Himmel verbracht, obwohl am Vorabend ein heftiges Gewitter eine Predigt des Papstes unterbrochen hatte. Der Papst wandte sich damit gegen die Tendenz, seinen Glauben nach den eigenen Vorstellungen zusammenzustellen. Benedikt XVI. rief die Jugendlichen auf, aktiv am Gemeindeleben teilzunehmen, zur Verbreitung ihres Glaubens beizutragen und regelmäßig die Messe und die Beichte zu besuchen. Zum Abschluß äußerte der Papst die Hoffnung, alle beim nächsten Weltjugendtag 2013 in Rio de Janeiro wiederzusehen.
- Besuch in Deutschland (22. - 25.09.2011) -
Papst Benedikt XVI. traf am 22. September zu einem viertägigen Deutschlandbesuch ein. Der Heilige Vater wurde am Vormittag am Flughafen Tegel vom Bundespräsidenten, der Bundeskanzlerin und Ministern des Kabinetts begrüßt. In seiner ersten Rede im Schloß Bellevue betonte der Papst die Rolle des Glaubens in einer freien Gesellschaft. Am späten Nachmittag sollte der Papst - in seiner Rolle als Oberhaupt des Vatikanstaates - eine Rede vor dem Deutschen Bundestag halten, was im Vorfeld besonders im linkspopulistischen Lager (was bei den atheistisch-kommunistischen, selbsternannten "Weltverbesserern", den Grünen, aber auch bei den Altkommunisten der SED-Nachfolgepartei Die Linke nicht verwunderlich ist!) auf Kritik stieß. Rund 100 der 622 Abgeordneten des Bundestags wollten sogar der Rede fern bleiben.
Als der Papst um am Donnerstag um 16.36 Uhr an der Seite von Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Plenarsaal des Bundestages einzogt, brandete Befall auf. Die Parlamentarier hatten sich allesamt erhoben. Auch einige Linke-Abgeordneten klatschten höflich.
Der Bundestagspräsident sagte jovial dazu: "Es dürfte auch nach der Rede noch Gelegenheit zum Beifall sein." Als der Papst an der Reihe ist, schreitet der 84-Jährige am Rednerpult vorbei direkt auf den Bundestagspräsidenten, Norbert Lammert, zu. Lammert geleitet Benedikt XVI. schließlich sanft zum Mikrofon. Die Erwartungen an die Rede des vatikanischen Staatsoberhauptes und katholischen Religionsführers waren gewaltig. Doch zu aktuellen Problemen sagt das Kirchenoberhaupt im Bundestag kein Wort. In seiner mit Spannung erwarteten Grundsatzrede äußert sich der Papst zu innerkirchlichen Fragen nicht. Er gab den Abgeordneten stattdessen mit leiser Stimme eine 22-minütige, philosophische Vorlesung über Naturrecht und Positivismus. Benedikt las den Politikern die Leviten - und lobte (sogar) die Grünen. "Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht", zitierte der Papst die biblische Bitte Salomos an Gott aus dem Buch der Könige. Letzter Maßstab für den Politiker dürfe nicht der Erfolg und schon gar nicht materieller Gewinn sein. "Daß in den Grundfragen des Rechts, in denen es um die Würde des Menschen und der Menschheit geht, das Mehrheitsprinzip nicht ausreicht, ist offenkundig", mahnte der Bischof von Rom die Parlamentarier und erinnerte an die "sehr gut organisierte Räuberbande" der Nationalsozialisten, "die die ganze Welt bedrohen und an den Rand des Abgrunds treiben konnte." Politik müsse statt dessen "Mühen um Gerechtigkeit sein "und so die Grundvoraussetzung für den Frieden schaffen. "Die Fenster müssen wieder aufgerissen werden, wir müssen wieder die Weite der Welt, den Himmel und die Erde sehen und all dies recht zu gebrauchen lernen. Aber wie geht das?", fragte der Papst und belobigte dann die Grünen, allerdings ohne sie ausdrücklich zu erwähnen. "Ich würde sagen, daß das Auftreten der ökologischen Bewegung in der deutschen Politik seit den 70er Jahren zwar wohl nicht Fenster aufgerissen hat, aber ein Schrei nach frischer Luft gewesen ist", sagte der Papst. Spontan spendeten da sogar die Grünen Applaus. "Es ist wohl klar, dass ich nicht Propaganda für eine bestimmte politische Partei mache", fügte Benedikt verschmitzt hinzu.
Für den Abend war eine Messe im Berliner Olympiastadion geplant. Unter den 70.000 Teilnehmern waren auch Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Norbert Lammert. Um 18.30 Uhr fuhr Papst Benedikt XVI. im Papamobil durch das Berliner Olympiastadion. Dem katholischen Kirchenoberhaupt wurden dabei mehrere Kinder in das Fahrzeug gereicht, die er segnete. Bei der Runde durch das Stadion grüßte der Papst die Menge. Der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki verwies in seiner Begrüßung auf die Vielfalt der Religionen in Berlin. Die Hauptstadt sei keine gottlose Stadt, obwohl sie auch von Gottvergessenheit und Atheismus geprägt sei.
Am zweiten Tag des Papstbesucher zogen Pilger in Heerscharen zu einer kleinen Kapelle im Wallfahrtsort Etzelsbach in Thüringen. Am Abend hielt Papst Benedikt XVI. dort vor über 60.000 Gläubigen einen Wortgottesdienst im Eichsfeld ab. Morgens traf er in Berlin Vertreter des Islam. Die Muslime sprachen von einem "wichtigen Zeichen". Im Anschluß flog der Papst nach Erfurt. Dort besuchte er das Kloster von Martin Luther und traf auf die Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland, denn der Tag sollte ganz im Zeichen der Ökumene stehen. Der Thüringer Kultusminister Christoph Matschie (SPD) zeigte allerdings enttäuscht von der Papstrede beim ökumenischen Gottesdienst im Erfurter Augustinerkloster. Viele hätten auf konkrete Aussagen gewartet, wie der Weg der Kirchen aussehen oder die Spaltung überwunden werden könnte, sagte er. Es gebe weiter viele offene Fragen. Matschie zufolge gibt es auch innerhalb der katholischen Kirche immer mehr Enttäuschte.
Der dritte Tag war der Stadt Freiburg gewidmet. Tausende Menschen begrüßten Papst Benedikt XVI. auf dem Münsterplatz. "Wo Gott ist, da ist Zukunft", zitierte der Papst in einer kurzen Ansprache das Motto seiner Reise. Zum Auftakt seines Freiburg-Besuchs besuchte Papst Benedikt XVI. am Mittag das Freiburger Münster. Er sei gekommen, "um mit euch gemeinsam zu beten, das Wort Gottes zu verkünden und die Eucharistie zu feiern", sagte er zuvor zu den jubelnden Gläubigen. In der vollbesetzten gotischen Kathedrale hielt das Kirchenoberhaupt bei Orgelspiel und Chorgesang eine kurze Andacht und betete das traditionelle mittägliche Angelus-Gebet, den "Engel des Herrn". Anschließend trug er sich in die Goldenen Bücher des Landes und der Stadt ein. Am Samstagnachmittag traf der Papst mit Altbundeskanzler Helmut Kohl zusammen. Damit würdigte das Kirchenoberhaupt Kohls Verdienste um die deutsche und die europäische Einigung. An dem Gespräch nahm auch Kohls zweite Frau Maike Kohl-Richter teil. Der Papst sehe den 81 Jahre alten Kohl als "Kanzler der Einheit" und wolle dies beim Besuch in seinem Heimatland deutlich machen, hatte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zuvor erklärt. "Ich glaube, das ist eine angemessene Würdigung des Lebenswerkes von Helmut Kohl, für das, was er für die Einheit Deutschlands und für ganz Europa getan hat." Kohl habe zwar Kardinal Joseph Ratzinger mehrfach getroffen, habe jedoch mit ihm als Papst Benedikt XVI. noch nie ein Wort gewechselt.
Nach seinem viertägigen Deutschlandbesuch trat Papst Benedikt XVI. sonntags die Heimreise an. Die Papst-Maschine der Lufthansa hob am Sonntagabend um 19.36 Uhr vom ehemaligen Militärflughafen Lahr in Richtung Rom ab. Zum Abschlu0 dankte Benedikt XVI. seinen Gastgebern und erinnerte an die zentralen Ereignisse seiner Reise. Papst Benedikt XVI. verabschiedete sich mit freundlichen Worten von seinen Gastgebern in Deutschland. Bevor der Papst in das Flugzeug stieg, dankte er im Beisein von Bundespräsident Christian Wulff den Verantwortlichen von Staat und Kirche für die freundliche Aufnahme in der Bundesrepublik. Die katholische Kirche in der Bundesrepublik ermutigte er, "mit Kraft und Zuversicht den Weg des Glaubens weiterzugehen, der Menschen dazu führt, zu den Wurzeln, zum wesentlichen Kern der Frohbotschaft Christi zurückzukehren". Wulff und der Papst waren zuvor noch zu einem kurzen Vier-Augen-Gespräch zusammengetroffen. Der Bundespräsident zeigte sich dankbar für den Papstbesuch, der den Bundesbürgern bewegende Momente gebracht habe, etwa den Gottesdienst im Berliner Olympiastadion oder die Vesper im thüringischen Eichsfeld mit jeweils mehreren Zehntausend Gläubigen. Er verwies auch auf die Bundestagsrede, in der der Papst deutlich gemacht habe, daß Recht nicht nur durch Mehrheit gesetzt werden könne, sondern aus tieferen Quellen schöpfe.
- Besuch in Mexiko und Kuba (24. - 27.03.2012) -
Zehntausende Gläubige bereitete Papst Benedikt XVI bei seinem ersten Besuch im katholisch geprägten Mexiko einen begeisterten Empfang. Zu Beginn seines Aufenthaltes in Mexiko und Kuba säumten die Menschen die 35 km lange Strecke durch die zentral gelegene Stadt Leon, wo das Kirchenoberhaupt von Präsident Felipe Calderon empfangen wurde. Eines der großen Themen der Reise war die Gewalt von Drogenbanden, der Zehntausende Menschen zum Opfer gefallen sind. "Wir müssen alles tun, dieses zerstörerische Böse zu bekämpfen, das sich gegen die Menschheit und die Jugend richtet", sagte Benedikt auf dem Weg in das mittelamerikanische Land. "Es ist die Aufgabe der Kirche, das Gewissen zu bilden, zur moralischen Verantwortung anzuhalten und das Böse zu entlarven, die Vergötterung des Geldes zu demaskieren, die den Menschen versklavt, und die falschen Versprechen der Drogen, ihre Lügen und der damit verbundene Betrug."
Im Anschluß hatte der Papst vor Hunderttausenden Gläubigen eine Messe gefeiert. Das Oberhaupt der katholischen Kirche geißelte insbesondere die Armut, Korruption und den grassierenden Drogenhandel und rief seine Zuhörer zum Verzicht auf Rache, Hass und Gewalt auf. Der Gottesdienst bei strahlendem Sonnenschein in der zentralmexikanischen Stadt Leon war der bisherige Höhepunkt der Lateinamerika-Reise des Papsts. Die Veranstalter schätzten die Teilnehmerzahl auf mehr als 600.000. Am Abend überraschte Papst Benedikt XVI. dann mit einem Gang in die Öffentlichkeit. Er verließ das Colegio Miraflores in León, wo er übernachtete und hörte begeistert den auf der Straße musizierenden Mariachis zu. "Nie bin ich mit solcher Begeisterung empfangen worden", sagte Benedikt vor der jubelnden Menschenmenge. "Jetzt kann ich sagen, dass Mexiko immer in meinem Herzen bleiben wird. Seit vielen Jahren sind meine Gebete nach Mexiko gerichtet, und heute noch viel mehr." Danach segnete er die Menschen und verabschiedete sich mit der Bitte um Verständnis. Er müsse sich ausruhen und auf die Weiterreise nach Kuba am Montag vorbereiten.
Bei der Papstmesse in Santiago de Cuba kam es zu einem Zwischenfall, denn kurz vor der Auftaktmesse des Papstes stürmte ein Mann auf die Tribüne zu und rief anti-kommunistische Parolen. "Nieder mit dem Kommunismus, nieder mit der Diktatur", rief er. Sicherheitskräfte nahmen den Mann fest und führten ihn ab. Papst Benedikt warb für die katholische Kirche und übte vorsichtig Kritik an der kubanischen Regierung. An der Papstmesse vor zehntausenden Gläubigen hatten auch der kubanische Präsident Raúl Castro und Mitglieder seiner Regierung teilgenommen. Benedikt rief bei seinem Besuch die Bürger zum Aufbau einer offeneren Gesellschaft auf. Der Pontifex forderte zugleich die kommunistische Führung des Landes auf, der katholischen Kirche mehr Freiheiten zu gewähren, damit diese dem vor einer unsicheren Zukunft stehenden Land helfen könne.
Am Nachmittag des Mittwochs trag der Papst in Havanna mit dem kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro zusammen, wie Vatikansprecher Federico Lombardi mitreisenden Journaliste bestätigten. Das rund halbstündige Treffen fand demnach in der Apostolischen Nuntiatur statt, in der der Papst während seines dreitätigen Kuba-Aufenthaltes residierte. Fidel Castro hatte die Begegnung, die nicht Teil des offiziellen Programm war, kurzfristig angekündigt. Nach dem Treffen seines Bruders Raul mit dem Papst teilte der 85-Jährige am Dienstagabend (Ortszeit) mit, er werde "mit Freude am Mittwoch Seine Exzellenz Papst Benedikt XVI. begrüßen". Castro erinnerte auch an seine Begegnung mit Johannes Paul II., der als erster Papst vor 14 Jahren Kuba besuchte. Bei dem bislang einzigen Papstbesuch in Kuba 1998 hatte sich Fidel Castro 50 Minuten lang unter vier Augen mit Johannes Paul II. unterhalten. Dank der guten Spanischkenntnisse des Papstes benötigten die beiden keinen Dolmetscher. Inhalte der Unterredung wurden nicht bekannt. Nach einer Abschiedszeremonie auf dem Jose-Marti-Flughafen von Havanna kehrte er nach Rom zurück.
- Besuch im Libanon (14. - 16.09.2012) -
Es war die gefährlichste Reise, die Papst Benedikt XVI. unternahm. Papst Benedikt XVI. forderte zum Auftakt seiner Libanon-Reise ein Ende der Waffenlieferungen an das benachbarte Bürgerkriegsland Syrien. "Ohne dies läßt sich der Krieg nicht beenden. Statt Waffen braucht das Land Kreativität und Ideen für den Frieden", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche zum Beginn seiner Reise in die Krisenregion. Erste Station seines Besuchs war der Wallfahrtsort Harissa, ca. 30 km nordöstlich der Hauptstadt Beirut. Am Abend unterschrieb Benedikt feierlich das Nahost-Dokument zur schwierigen Lage der Christen in der Region und der angestrebten engeren Zusammenarbeit der Religionen. Das Schlußdokument der Nahost-Bischofssynode von vor zwei Jahren war offizieller Anlaß der Reise. Überschattet wurde der Besuch nicht nur vom Bürgerkrieg in Syrien. In Libyen, Ägypten und anderen muslimisch geprägten Ländern brachen gewaltsame Proteste aus - als Reaktion auf ein Schmähvideo aus den USA, worin der Propheten Mohammed verunglimpft wird.
Bemüht um den Dialog mit dem Islam, kam Benedikt im Präsidentenpalast in Baabda mit führenden Köpfen der Muslime zusammen. Auch ein Gespräch mit Präsident Michel Suleiman, einem maronitischen Christen, stand auf der Tagesordnung. Am 2. Tag, einem Samstag, sprach das Oberhaupt der katholischen Kirche bei einer Kundgebung vor rund 20.000 jungen Leuten und drückte insbesondere den eigens angereisten syrischen Christen unter ihnen seine Bewunderung aus. Eine Sonntagsmesse am 3. und letzten Tag in Beirut war der Höhepunkt der Reise. Mit rund 300.000 Christen aus dem ganzen Nahen Osten feierte er einen Gottesdienst unter freiem Himmel. Nach einem ökumenischen Treffen mit Religionsvertretern wurde der Papst am frühen Abend von Staatspräsident Michel Suleiman am Flughafen verabschiedet.
|
Rücktritt und letzte Amtshandlungen
Am 11.02.2013 teilte die italienischen Nachrichtenagentur Ansa mit, daß Papst Benedikt XVI. sein Pontifikat am 28. Februar um 20 Uhr niederlegen wolle. Dies verkündete er auf Latein beim Konsistorium der Heiligsprechung der Märtyrer von Otranto. Die Wahl eine Nachfolgers sollte bis Ostern geschehen. "Wir sollten Ostern einen neuen Papst haben", sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Montag. Das Konklave zur Wahl des neuen Kirchenoberhauptes sollte 15 bis 20 Tage nach dem Rücktritt beginnen. Er hätte nach eigenen Angaben auf Grund seines Alters nicht mehr "die Kraft", die katholische Kirche zu führen. Zu dieser Erkenntnis war er nach Prüfung seines Gewissens vor Gott gekommen, sagte er in seiner Rede. Er spüre das Gewicht der Aufgabe, dieses Amt zu führen, habe lange über seine Entscheidung nachgedacht und sie zum Wohle der Kirche getroffen.
Am 24. Februar, einem Sonntag, sprach er zum letzten Mal das Angelusgebet. Gott habe ihn gerufen, sich mehr der Meditation und dem Gebet zu widmen, das bedeute aber nicht, daß er die Kirche verlasse, sagte der 85-Jährige. "Im Gegenteil, wenn Gott mich ruft, geschieht das, weil ich der Kirche weiter dienen kann mit derselben Hingabe und derselben Liebe wie bisher, aber in einer angemesseneren Weise für mein Alter und meine Kräfte". Der Papst sprach das Gebet traditionell vom Fenster seines Arbeitsplatzes zu den Pilgern auf dem Petersplatz. Das Interesse an einem seiner letzten öffentlichen Auftritte war enorm. Zehntausende Menschen jubelten dem scheidenden Oberhaupt der katholischen Kirche zu. Das Angelus-Gebet war der vorletzte öffentliche Termin von Benedikt XVI., bevor er am Freitagabend, dem 28.02., um 20.00 Uhr sein Amt aufgab. Am 27. Februar begrüßte er noch einmal Pilger und Besucher aus aller Welt zu einer Generalaudienz.
Am Nachmittag des 28. Februars bestieg er auf dem kleinen Landeplatz des vatikanischen Hügels den Präsidentenhubschrauber der italienischen Flugbereitschaft, ein letztes Mal als Staatsoberhaupt. Noch vor dem Flug hatte sich der Papst in seinem letzten Tweet als Oberhaupt der katholischen Kirche für die Unterstützung bedankt. "Danke für eure Liebe und Unterstützung. Ich wünsche, dass ihr immer Freude dabei erfahrt, Christus in die Mitte eures Lebens zu stellen", schrieb der 85-Jährige um 17 Uhr im Kurznachrichtendienst Twitter. Noch im Rückzug fand Benedikt XVI. große Aufmerksamkeit, denn3.641 zusätzliche Medienmitarbeiter hatten sich für diesen Anlaß beim vatikanischen Presseamt akkreditiert. Journalisten aus 61 Ländern berichten in 24 Sprachen über den Pontifikatswechsel. Um den Flug nach Castel Gandolfo für die Nachwelt festzuhalten, schickt der vatikanische Fernsehdienst CTV einen zweiten Helikopter mit.
Am Ziel empfingen Benedikt XVI. Gläubige und Glockengeläut. Der zuständige Bischof von Albano, Marcello Semeraro, hat zu einer Fußwallfahrt aufgerufen, um den Papst zu verabschieden. Anwohner aus den umliegenden Orten stiegen am Nachmittag zum päpstlichen Residenzdorf am Albaner See hinauf, hielten eine Andacht, beteten Rosenkranz auf dem Platz vor dem Sommerpalais. Es ist die Piazza della Liberta: Platz der Freiheit. Dort hat sich Papst Benedikt XVI. zum letzten Mal als Kirchenoberhaupt an die Gläubigen gewandt. "Ich werde nicht länger Papst, sondern ein Pilger sein", sagte der Papst auf dem Balkon der Residenz, die rund 30 km von Rom entfernt liegt.
Zur gleichen Stunde versiegelte der Camerlengo der römischen Kirche, Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, in der dritten Etage des Apostolischen Palastes die Wohnung Benedikts XVI. Es war das gleiche Zeremoniell wie beim Tod eines Papstes! Bis zur Wahl eines Nachfolgers blieben die Räume verschlossen. Auch der Fischerring Benedikts XVI. hatet keine Funktion mehr. Er wurde aber nicht zerstört, sondern als Siegelring ungültig gemacht.
|
|