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Einführung
Nach dem 2. Weltkrieg begann für Österreich die bis heute währende Zeit der 2. Republik, deren Merkmal die strikte Neutralität ist. Von 1945 bis 1969 erschienen 582 Briefmarken, die besonders durch ihre hervorragende graphische Gestaltung und Druckqualität bestechen und deshalb weltweit geschätzt werden. Die Briefmarken trugen mit dazu bei, den guten Ruf der Österreichischen Staatsdruckerei in aller Welt zu begründen.
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Die Ausgaben der 40er Jahre
Am 24. November 1945 wurden die ersten Marken einer neuen Dauermarkenserie "Landschaften" herausgegeben, die in ganz Österreich Gültigkeit hatten und zeigten, daß es den Alliierten mit der Absicht, Österreich als Gesamtstaat zu erhalten, Ernst war. Bis 1947 waren es insgesamt 33 Werte, wobei die Schillingmarken im größeren Format sind. Das Markenjahr 1946 wurde mit der ersten Einzelsondermarke der 2. Republik zum "Tag der Vereinten Nationen", die am 25. Mai erschien, eröffnet. Eine Besonderheit und auch ein Höhepunkt jeder Österreich-Sammlung sind die vier Marken zu Ehren von Dr. Karl Renner, die es in ungezähnter Form auch als Kleinbogen zu neun Marken mit Zierfeld gibt. Die Ausgabe "Niemals vergessen" vom 16. September wies darauf hin, daß man eine Abkehr vom Faschismus vollzogen hatte. Ab 1946 gab es auch Serien mit Zuschlagserlösen, die dem Wiederaufbau kultureller Stätten zu Gute kommen sollten: beispielhaft sei hier die Serie "Stephansdom" vom 12. Dezember genannt.
Das Jahr 1947 begann mit zwei Sondermarken zu Ehren von "Schubert und Grillparzer", eine gute Tradition der 2. Republik, bedeutende Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kunst mit einer Briefmarke zu ehren. Die Ausgaben zur "Wiener Messe" und anläßlich des "Preises der Stadt Wien" sollten schon kurz nach dem Kriege einen Hauch von Normalität vermitteln. Im gleichen Jahre erschienen auch die ersten Flugpostmarken nach dem 2. Weltkrieg.
Die Olympia-Marke vom 16. Januar 1948 zeigte, daß Österreich bemüht war, in die internationale Staatengemeinschaft zurückzufinden, die Ausgabe "Wiederaufbau" vom 28. Februar belegt aber auch, daß das Land immer noch unter den Folgen des 2. Weltkrieges zu leiden hatte. Die wichtigsten Ausgaben von 1948 sind zum einen die Serie "Heimische Blumen", die als erste Nachkriegsausgabe die österreichische Natur als Motiv hatte, und die neue Dauermarkenserie "Trachten". Zum Jahresende erschien eine Sondermarke "130 Jahre Stille Nacht", die man als Vorläufer der österreichischen Weihnachtsmarken der Nachkriegszeit bezeichnen kann.
1949 erschien eine Sondermarke "Esperanto" anläßlich des ersten internationalen Kongresses, der nach dem Kriege in Österreich stattfand. Weitere wichtige Ausgaben waren die Sätze zugunsten der "Kriegsgefangenen und Heimkehrer" und "75 Jahre Weltpostverein". In diesem Jahr erschien außerdem die erste Sondermarke zum "Tag der Briefmarke".
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Die Zeit des Wiederaufbaus
Am 25. November 1945 fanden die ersten freien Wahlen nach 15 Jahren statt, wobei Wahlpflicht herrschte. Die Österreichische Volkspartei (ÖVP), die aus den Christlichsozialen, dem Landbund und anderen Gruppen hervorgegangen und als eine von drei Parteien von den Siegermächten zugelassen worden war, errang mit 49,80 Prozent die absolute Mehrheit der Mandate. Die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) erzielte 44,60 Prozent, die Kommunisten (KPÖ) kamen auf gerade einmal 5,41 Prozent. Die ÖVP erhielt 85 Sitze, die SPÖ 76 und die KPÖ 4 Sitze im Parlament. Den Kommunisten nahm man die Verbundenheit mit der Sowjetmacht übel, deren Soldaten beim Einmarsch Vergewaltigungen und Plünderungen vorgenommen hatten. Es kam zu einer Gemeinschaftsregierung mit acht ÖVP-, sechs SPÖ- und einem KPÖ-Minister. In der Regierungserklärung des Bundeskanzlers Dipl.-Ing. Leopold Figl hieß es: "Wir sind kein zweiter deutscher Staat. Wir waren nie Ableger einer anderen Nation. Wir sind nichts anderes als Österreicher, aber das aus ganzem Herzen und aus jener Leidenschaft, die jedem Bekenntnis zur Nation innewohnen muß". Da die staatstragenden Persönlichkeiten, die den Aufbau Österreichs einleiteten, meist aus dem Konzentrationslager kamen, war für sie der Wiederaufbau wichtiger als Parteienstreit.
Die Regierung mußte sich um Mangelwirtschaft und Wohnungsnot, Wiederaufbau und Inanspruchnahme von ERP-Mitteln kümmern. Daß die Alliierten Österreich als ein Opfer des Nationalsozialismus ansahen, wurde von den Staatsbürgern gerne akzeptiert. Auch in Österreich versuchte man eine Entnazifierung, da Kriegsverbrecher verurteilt, nationalsozialistische Beamte und Lehrer aus Schulen, Hochschulen und Universitäten entlassen wurden, aber schon bald wurden die Maßnahmen eingestellt. Die Minderbelasteten (ca. 495.000 Personen) profitierten von der Amnestie vom 21. April 1948 und konnten schon 1949 wieder an Wahlen teilnehmen. Weil die SPÖ befürchtete, daß die ehemaligen Mitglieder der NSDAP die VPÖ unterstützen könnten, wurde der Verband der Unabhängigen (VdU), der danach Wahlverband der Unabhängigen (WdU) und letztendlich Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) hieß, ins Leben gerufen. Man hoffte auf eine Schwächung des bürgerlichen Lagers.
Im Jahre 1946/47 gab es einen Hungerwinter. Bei den Nationalratswahlen 1949 errangen die Freiheitlichen 16 Mandate, die SPÖ verlor neun Sitze und die ÖVP acht Mandate, die KPÖ bekam ein Mandat hinzu. Damit erbrachten die Wahlen einen Rechtsrutsch, obwohl die FPÖ wie die KPÖ in der Opposition waren und es eine Große Koalition gab. SPÖ und ÖVP entwickelten sich immer mehr zu demokratischen Volksparteien. 1950 kam es zu einem kommunistischen Massenstreik. Am 27. Mai 1951 wurde Theodor Körner erster, direkt gewählter Bundespräsident. Die Zusammenarbeit von Interessenvertretungen und Parteien zum wirtschaftlichen Wiederaufbau geschah nach 1951 im sog. "Wirtschaftsdirektorium", das als planende Behörde bis 1954 bestand. Am 2. April 1953 wurde Julius Raab (ÖVP) Bundeskanzler. Als es nach 1944 zu starken Preis- und Lohnsteigerungen kam, wurde auf Betreiben des Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Johann Böhm, 1957 in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Bundeswirtschaftskammer und dem Vorsitzenden der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern die "Paritätische Kommission für Preis- und Lohnfragen" ins Leben gerufen, in der neben dem Bundeskanzler und verschiedenen Ministern auch diverse Interessenvertreter saßen.
1961 wurde dieses Instrument der Sozialpolitik mit dem "Raab-Olah-Abkommen" etabliert. Das ganze System konnte deshalb funktionieren, weil die Parteien in Österreich eng mit den Interessenvertretungen verflechtet waren, die SPÖ mit den Gewerkschaften und die ÖVP mit der Bundeswirtschafts- und Landwirtschaftskammer. Man traf sich im kleinen Kreise, um Kompromisse auszuhandeln. Dies täuschte darüber hinweg, daß Österreich eigentlich ein "Kammernstaat" war. Die Bevölkerung war allerdings zufrieden, denn die Arbeitslosigkeit konnte bis zur Mitte der 60er Jahre auf 2,9 Prozent gedrückt werden und das Wirtschaftswachstum in der Nachkriegszeit lag bei durchschnittlich ca. 4,4 Prozent im Jahr, so daß es Vollbeschäftigung, Steigerung der Wirtschaftsproduktivität und einen wachsenden Anteil der Arbeitnehmerhaushalte am Bruttosozialprodukt mit niedrigen Inflationsraten gab.
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Die Ausgaben der 50er Jahre
Am 20. Mai 1950 feierte Österreich das Ereignis "100 Jahre Österreichische Briefmarken" mit einer Sondermarke. Ein Grund zum Feiern war auch der "30. Jahrestag der Volksabstimmung in Kärnten" am 10. Oktober. In diesem Jahr gab es noch neue Flugpostmarken, die am 21. Oktober erschienen. Die Ausgabe "Wiederaufbau" vom 10. März 1951 ist die letzte Ausgabe, die zu diesem Thema erschien. Ansonsten gab es Sondereditionen zu Geburts- und Todestagen bekannter Persönlichkeiten, wie z. B. am 3. März zum Tode von Dr. Renner, am 12. April zum "100. Geburtstag Josef Lanner", zum "150. Todestag Martin Johann Schmidt" und am 3. Oktober zum "10. Todestag Wilhelm Klenzl". Am 3. August erschien ein Sondermarke zum "Weltpfadfindertreffen".
Zur Olympiade 1952 gab es am 26. Januar eine Sondermarke. Am 24. Mai wurden "200 Jahre Tiergarten Schönbrunn" gefeiert und am 1. Juli erschien eine Marke "Sozialistisches Jugendlager". Erstmals erschien am 6. September in Österreich eine Marke zum "Katholikentag". Im Jahre 1953 gab es nach zwei Jahre mit den Flugpostergänzungswerten (29. September) und der Ausgabe "Wiederaufbau der Evangelischen Schule Wien-Karlsplatz" wieder Sondermarkensätze. Zu nennen sind außerdem die Ausgabe "Linzer Landestheater" (17. Oktober) und die erste, offizielle "Weihnachtsmarke" vom 30. November 1953, die zukünftig immer ein fester Bestandteil eines Ausgabejahres sein sollte. Am 13. März wurde eine Serie "Gesundheitsfürsorge" emissiert und am 5. Juni eine Marke "50 Jahre Esperanto" sowie am 18. Dezember (als letzte Ausgabe des Jahres 1954) eine Marke "150 Jahre Staatsdruckerei / 250 Jahre Wiener Zeitung".
Das Jahr 1955, in dem der Staatsvertrag zwischen Österreich und den Alliierten des 2. Weltkriegs geschlossen wurde, war ein Jahr der Jubiläen und Feiern: es ging los am 27. April mit "10 Jahre Republik", der Marke vom 15. Mai zum Abschluß des Staatsvertrages, gefolgt vom "10. Jahrestag der UNO" am 24. Oktober und auch die "Wiedereröffnung von Burgtheater und Staatsoper" konnten gefeiert werden. Am 21. Januar 1956 erschien eine Marke zu "Mozarts 200. Geburtstag", am 20. Februar erfolgte die "UNO-Aufnahme", am 6. Mai 1958 fand der "Weltkraftkongreß", am 6. Juni der "Internationale Städtekongreß" in Wien statt und zum Jahresabschluß am 21. Dezember erschien eine Überdruckmarke für die "Ungarnhilfe".
Im Jahre 1957 verstarb Bundespräsident Körner, am 14. Juni wurde das Jubiläum "50 Jahre Postauto" gefeiert und am 27. Juli erschien eine Sondermarke "Himalaya-Expedition". In diesem Jahr wurden auch die ersten drei Marken der neuen Dauermarkenserie "Bauten" verausgabt. Das Ausgabejahr 1958 wurde mit der "Alpinen Ski-WM" (1. Februar) eröffnet, am 27. März feierte man den Eröffnungsflug der "Australian Air-Line" und am 8. Mai wurde die schöne Tradition der "Muttertag"-Marken wieder aufgenommen. Außerdem sind noch weitere Ausgaben der Dauermarkenserie "Bauten" zu erwähnen. Am 9. März 1959 erschien in Österreich erstmals eine "Europa"-Marke, die zukünftig ebenfalls zum Ausgabeprogramm eines Jahres gehören sollte. Weitere interessante Ausgaben sind die Serie "Kongreß des Internationalen Jagdrates" (20. Mai), "Gedenkmarke für Tirol" (13. Juni) und die "Sportmarken" vom 26. Juni.
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Der Staatsvertrag von 1955
Die Wiedererlangung der staatlichen Souveränität und Unabhängigkeit, das Ende der alliierten Besatzung waren die wichtigsten außenpolitischen Fragen, die es nach dem 2. Weltkrieg für Österreich zu klären galt. Durch den Tod Titos traten die territorialen Ansprüche Jugoslawiens auf Südkärnten seit 1949 in den Hintergrund, aber Österreich mußte erneut auf Südtirol verzichten. Ab 1947 wurde über einen Staatsvertrag ("Vertrag, betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich") verhandelt, der von der Sowjetunion zunächst immer wieder abgelehnt wurde, sie erklärte sich erst im April 1955 zu Verhandlungen bereit. Nach dem Tode Stalins gab es nämlich ab Januar 1954 eine Periode der Annäherung zwischen den Westmächten und der Sowjetunion und auf der Außenministerkonferenz in Berlin schlug der sowjetische Außenminister Molotow vor, Österreich einen Staatsvertrag zu geben, wenn die Besatzung Deutschlands bis zum Abschluß eines Friedenvertrages mit Deutschland bestehen bleiben würde.
Im März 1955 lud die sowjetische Regierung Bundeskanzler Raab nach Moskau ein. Auch die Westmächte nahmen an Gesprächen teil, die vom 12. bis 15. April stattfanden. Am 15. Mai 1955 wurde der Vertrag in Wien von dem US-Außenminister Dulles, Molotow (UdSSR), Macmillan (Großbritannien) und Pinay (Frankreich) sowie Leopold Figl unterzeichnet, der Österreich die volle Souveränität brachte. Der Vertrag bestand aus einer Präambel und neun Teilen. Er beinhaltete ein Verbot der wirtschaftlichen oder politischen Wiedervereinigung mit Deutschland, Reparationszahlungen Österreichs an die UdSSR und regelte die Frage des deutschen Eigentums (in sechs Jahren mußten 150 Millionen Dollar an die Sowjetunion gezahlt werden). Alle nationalsozialistischen und faschistischen Gruppierungen sollten verboten bleiben. Für die Minderheiten der Slowenen und Kroaten wurden im Artikel 7 die Rechte festgelegt. Das Habsburgergesetz aus dem Jahre 1919 sollte weiter gültig bleiben, der Besitz von Atomwaffen wurde verboten. Am 7. Juni 1955 wurde der Vertrag durch den Nationalrat ratifiziert und am 26. Oktober 1955, der seitdem österreichischer Nationalfeiertag ist, wurde im Parlament das Neutralitätsgesetz beschlossen. Österreich verpflichtete sich, keinem militärischen Bündnis beizutreten, keine fremden Stützpunkte auf seinem Gebiet zu dulden und die Unabhängigkeit zu verteidigen. Der Staatsvertrag war insofern eine Besonderheit, als sich die Sowjets noch nie freiwillig aus einem besetzten Gebiet zurückgezogen hatten. Im Oktober 1955 verließen die letzten Soldaten Österreich.
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Die Ausgaben der 60er Jahre
Die erste Sondermarke der 60er Jahre erschien am 7. April 1960 anläßlich des "Weltflüchtlingsjahres". Weitere interessante Ausgaben aus 1960 sind "Jugendwandern" (30. Mai), "25 Jahre Großglocknerstraße" (3. August) und "40. Jahrestag der Volksabstimmung in Kärnten" (10. Oktober). Die ersten Ausgaben von 1961 waren für die "Opfer der Freiheit" (8. Mai) und zur "Luposta" (15. Mai). Am 12. Juni wurden vier Marken "Künstlerhaus" emissiert und am 15. September erschien die erste Serie "Verstaatlichte Unternehmen" (15. September). Am 18. September tagte der "Weltbankkongreß" in Wien und die letzte Sondermarke des Jahre erschien anläßlich "200 Jahre Rechnungshof".
Für 1962 sind die zweite Ausgabe "Verstaatlichte Unternehmen" (26. März) sowie die Marken "40 Jahre Pfadfinderbewegung" und "125 Jahre Eisenbahn" zu nennen. Am 12. Oktober erschien mit "Österreichischer Wald" erstmals wieder eine Serie, die sich mit dem Thema "Natur" beschäftigte. Die erste Sondermarke 1963 wurde zur "Internationalen Postkonferenz" in Wien verausgabt, gefeiert wurden auch die Ereignisse "100 Jahre Feuerwehr" und "600 Jahre Tirol" sowie "100 Jahre Rotes Kreuz", aber Höhepunkt des Ausgabejahres ist zweifellos die Serie "Winterolympiade Innsbruck". Die Besonderheiten aus 1964 sind die Serien "Gartenschau" (17. April), "Weltpostkongreß" (15. Mai) und "WIPA" (20. Juli).
1965 war ein Jahr der Jubiläen: so wurden "20 Jahre Wiederaufbau" (27. April), "100 Jahre Universität Wien" (10. Mai), "100 Jahre Fernmeldeunion" (17. Mai) und "150 Jahre Technische Hochschule Wien" (8. November) begangen. Am 4. Juni erschien außerdem eine weitere Ausgabe zur "WIPA". 1966 wurden auch in Österreich Postleitzahlen eingeführt. In diesem Jahre erschienen Sondermarken zu Jubiläen wie "100 Jahre PTT", "200 Jahre Prater" und "150 Jahre Nationalbank" und eine Serie "Alpenflora" sowie "Nationalbibliothek". Am 25. November wurde die Dauermarkenserie "Obstarten" verausgabt.
Die herausragendsten Ereignisse des Jahres 1967 waren "100 Jahre Wiener Eislaufverein", "100 Jahre Wiener Walzer", die Eishockeyweltmeisterschaft in Wien, "125 Jahre Philharmoniker", "100 Jahre Brennerbahn" und "450 Jahre Reformation". Im Jahre 1968 wurden wieder einige interessante Sätze wie "Internationale Flugpostausstellung" (31. Mai), "50 Jahre Republik" (11. November) und "Barocke Fresken" (11. Dezember) verausgabt. 1969 erschienen am 26. Januar eine Gedenkserie "500 Jahre Diozese Wien", der Kleinbogen "100 Jahre Staatsoper" und "200 Jahre Albertina".
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Die Identitätsfindung
Schon am 14. Dezember 1955 konnte Österreich der UNO beitreten und 1956 dem Europarat in Straßburg. Am 5. Mail 1957 wurde Adolf Schärf Bundespräsident und 1963 wiedergewählt. Im Jahre 1957 unterzeichnete Österreich die "Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte". Internationale Achtung erreichte Österreich auch durch die Entsendung eines Friedenkorps unter UNO-Kommando in den Kongo, nach Zypern und auf die Golan-Höhen. Das Land war Gründungsmitglied der OECD (Organization for Economic Cooperation and Development). In Wien sind diverse internationale Organisationen beheimatet, wie z. B. ab 1957 die IAEO (International Atomic Energy Agency), seit 1965 die OPEC (Organization of Petroleum Exporting Countries) und seit 1966 die UNIDO (United Nations Industrial Development Organzation). Auch der Hochkommissar für Flüchtlinge (UNHCR) und die ICEM (Internationale Kommission für europäische Auswanderung) haben ihren Sitz in Wien.
Am 11. April 1961 wurde Alfons Gorbach Bundeskanzler und am 2. April 1964 Josef Klaus. 1961 trafen sich Kennedy und Chrustschow in Wien, was die Bedeutung der Stadt für internationale Konferenzen unterstreicht. Im Jahre 1964 wurde nach einem Treffen der Außenminister Saragat und Kreisky der Südtirol-Konflikt zwischen Italien und Österreich geklärt, der den Deutschstämmigen in Südtirol gewisse Autonomierechte gewährte. Anders als andere westeuropäische Länder pflegte Österreich schon sehr früh seine alten guten Beziehungen zu osteuropäischen Ländern. Es nahm während der Ungarnkrise ca. 180.000 Flüchtlinge auf und auch im August 1968 fanden viele Menschen nach dem Einmarsch des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei in Österreich Zuflucht. Zumindest bis 1989 gewährte Österreich häufig humanitäre Hilfe und Asyl.
Am 23. Mai 1965 wurde Franz Jonas Bundespräsident und 1971 wiedergewählt. Bis 1966 änderte sich in Österreich wenig an den Wahlergebnissen, so daß es immer noch die Große Koalition unter Führung der ÖVP gab. Anfang der 60er Jahre trat die alte Führungsgarde (Julius Raab, Leopold Figl) der Partei ab und neue Männer traten ins Rampenlicht, wie z. B. der "Übergangskanzler" Alfons Gorbach, dem Josef Klaus folgte, der ab dem 19. April 1965 eine ÖVP-Alleinregierung bildete. Bei den Nationalratswahlen 1966 erhielt die ÖVP mit 85 Sitzen die absolute Mehrheit, die SPÖ 74 und die FPÖ 6 Sitze. Für den Wahlverlust der SPÖ war maßgeblich der ehemalige Gewerkschaftspräsident, spätere Innenminister und 2. Nationalratspräsident Olah mit verantwortlich, der 1964 wegen Veruntreuung von Gewerkschaftsgeldern aus der SPÖ austreten mußte. Er gründete eine neue Partei, die Demokratisch Fortschrittliche Partei (DFP), die der SPÖ drei Sitze bei den Wahlen abnahm, aber bald schon wieder aus der politischen Landschaft verschwand.
Schon vor den Wahlen war es zwischen ÖVP und SPÖ zu Spannungen gekommen. Die Familie Habsburg mit Otto Habsburg-Lothringen, dem Sohn des letzten Kaisers Karl, an der Spitze hielt auch weiterhin an ihrem Thronanspruch fest. Auf Grund der seit 1919 gültigen "Landesverweisung" durften Otto, seine Mutter Zita und seine Geschwister nicht nach Österreich einreisen. Zu Beginn der 60er Jahre gab Otto 1961 eine Verzichtserklärung auf jegliche monarchistische Ansprüche ab, die von der ÖVP positiv aufgenommen, von der SPÖ aber mit Mißtrauen gesehen wurde. Eigentlich mußte man sich darüber verständigen, ob das Einreiseverbot noch gültig wäre, aber da es zu keiner Einigung kam, klagte Otto von Habsburg vor dem Verwaltungsgericht, das im Mai 1963 zu Gunsten Ottos entschied.
Die Auseinandersetzung um Otto war nur ein Konfliktpunkt zwischen den beiden Koalitionspartnern, so daß es 1966 zur schon genannten Alleinregierung unter Josef Klaus kam. Da die meisten älteren ÖVP-Politiker aus dem Dunstkreis des Austrofaschismus vor dem 2. Weltkrieg kamen, sah die SPÖ die Demokratie bedroht. In seiner Regierungserklärung bekannte sich Klaus allerdings ausdrücklich zur Demokratie, zur Integration Österreichs in die EWG (Europäische Wirtschafts-Gemeinschaft), zum Südtirol-Statut, zur Reform der Wohnungswirtschaft, Sicherung der Energieversorgung, Sanierung der Bundesbahnen, Reorganisation der verstaatlichten Industrie und zur Regelung des land- und forstwirtschaftlichen Schulwesens. Durch das Allgemeine Hochschulstudiengesetz von 1966 und das Forschungsförderungsgesetz von 1967 brachte Klaus wichtige Reformen auf den Weg. Von der Bevölkerung wurde seine Leistung aber nicht gewürdigt, da er die Nationalratswahlen von 1970 verlor. Von den Studentenrevolten des Jahres 1968 wurde Österreich nicht so stark getroffen wie andere westeuropäische Länder, aber dennoch wirkten diese Proteste auch in Österreich nach. Die SPÖ unter Bruno Kreisky war gegen die Studentenbewegung, aber er verschloß sich nicht dem Ruf nach Reformen. Kreisky öffnete die SPÖ für neue Wählerschichten aus dem Mittelstand und unter ihm entwickelte sich die SPÖ von einer Linkspartei endgültig zu einer Partei der Mitte.
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